WeChat – «All in One» wes(en)tlich abgespeckt

Das digitale Leben der chinesischen Bevölkerung spielt sich auf WeChat ab. In der App wird privat und geschäftlich kommuniziert, konsumiert und gespielt. Was bietet die App in unserer Hemisphäre? Ein Erfahrungsbericht.
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Der Global Digital Report 2018 zeigt: Platz fünf der meistgenutzten Sozialen Plattformen belegt WeChat. Eine chinesischen App mit weltweit 980 Millionen Nutzern. «Nur» etwas mehr als 100 Millionen davon ausserhalb Chinas. In China dient die App als Organisations- und Kommunikationsmittel für alle Lebenslagen. Sie verknüpft Unternehmens- und Privatkommunikation. Ermöglicht den Nutzern Chatten, Spielen, Netzwerken und Bezahlen in nur einer Applikation. Ein chinesisches Wunderkind aus dem Hause «Tencents».

Was kann WeChat?

Ich gebe heute meinen WeChat-Einstand. Die Registrierung nach App-Download und Eingabe der Mobilnummer ist einigermassen aufwändig. Der Nutzer muss ein Mini-Puzzle lösen, erhält einen SMS-Code, hinterlässt einen «Stimmabdruck» und muss per Spracherkennung einen Code aufsagen.

Sofort will ich wissen, wer von meinen Kontakten WeChat bereits nutzt. Ernüchternd: Genau einer meiner Mobil-Kontakte besitzt ein Profil. Die Chat-Funktion ist wie überall. Schreiben, Sprachnachrichten aufzeichnen, Emojis und lustige Stickers verschicken.

Schüttel dir neue Freunde

Die Schüttel-Funktion schlägt Menschen als Kommunikationspartner vor, die ihr Handy im selben Moment irgendwo auf der Welt schütteln. Simultan-Schüttler sozusagen. Ich schüttle, kontaktiere, kriege aber keine Antwort. Meine potentiellen Gesprächspartner sind alle aus dem asiatischen Raum und tausende Kilometer entfernt. Wie sollen wir mit unseren unterschiedlichen Schriften und Sprachen kommunizieren? Nach drei Mal Schütteln muss ich warten: zu viele Versuche.

In der Funktion «Personen in der Nähe» finde ich in erster Linie Menschen asiatischer Abstammung. Ausserdem tummeln sich hier vorwiegend Männer. Teilweise mit der Information «Single« im Status. Der Anteil der Zürcher WeChat-Nutzerinnen scheint sehr gering. Welchen Unterhaltungswert die Kommunikation mit solchen Fremden hat, lasse ich heute unbeurteilt.

Unter «Entdecken» kann ich neben Schütteln über eine Suchmaschine asiatische Contents suchen oder wie bei anderen Apps ein Video oder Foto als «Moment» hochladen.

Die Zahlungsfunktion ist ohne chinesische Bankkarte nicht möglich. Dieser Fakt zählt laut dem Artikel von wuv.de als Grund für den«mässigen» Erfolg von WeChat ausserhalb der chinesischen Kultur. Die Bezahl-Funktion WeChat Pay wäre ein wichtiger Nutzungsanreiz, der so ausbleibt.

Was nun?

Nach nur wenigen Minuten sitze ich vor meinem Smartphone und überlege mir, was ich nun noch entdecken könnte. Irgendwie kann WeChat alles, was andere Apps einzeln auch können.

In China ist mit WeChat alles Essenzielle in einer einzigen App kombiniert. Für mich als Schweizerin entsteht mit den hiesigen Möglichkeiten aber kein expliziter Mehrwert. Zumal ich von den App-Nutzern kaum jemanden kenne. Sollte sich die Angebots-Palette anpassen und die Community entsprechend wachsen, könnte sich das jedoch rasch ändern.

Was WeChat alles könnte, erfahre ich letztlich im WeChat-Guide von OSK. Nach Lektüre des eBooks bin ich überzeugt, dass das Leben der Bevölkerung und der Unternehmen im chinesichen Markt mit WeChat einfacher geworden ist.

Doch wären wir auch bereit für eine«All in One»-App? Ich bin mir nicht ganz sicher.

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