«Brainstorming blockiert Kreativität»

Es ist die bekannteste und meistangewendete Methode, um im Team kreativ zu sein: Brainstorming. «Aber schon 1957 wurde wissenschaftlich nachgewiesen, dass sie Kreativität gar nicht fördert», sagt Experte Dr. Roland A. Pfister im Young-LSA-Workshop. Wie Ideenfindung stattdessen angegangen werden soll.
/

Jeder Konzeptionsprozess kommt an den Punkt, an dem Probleme kreativ gelöst und einfallsreiche Botschaften formuliert werden wollen. Der Moment, in dem man sich innovative Kommunikationsmassnahmen ausdenken könnte. Der Brainstorming-Termin ist fixiert. Alle kreativen Köpfe sind da. Aber die Ideen sprudeln nicht. Die Post-its bleiben leer. Die Inspiration bleibt aus.

Brainstorming in Rente schicken

Eine Einzelperson generiert in derselben Zeit quantitativ doppelt so viele Ideen wie ein Team beim Brainstorming. Und diese Ideen sind auch viermal häufiger qualitativ gut. «Hemmende Faktoren wie gegenseitige Beeinflussung im Team, der innere Zensor, funktionale Fixiertheit bei Ressourcen, Hierarchien und Trittbrettfahren blockieren die Kreativität beim Brainstorming eher, als dass sie durch die Methode gefördert würde», erklärt Roland Pfister in der Young LSA Academy den Nachwuchsmitglieder der Leading Swiss Agencies.

Schon vor fast 70 Jahren habe man dies gewusst. Seit damals haben die Sozial- und Hirnforschung viel über die Funktionsweisen unseres Denkens und unsere Interaktionen in Gruppen herausgefunden, was für Kreativitätsförderung genutzt werden könnte. Trotzdem ist Brainstorming in der Praxis bis heute weit verbreitet.

5 Prinzipien, um ad hoc kreativ zu sein

Wie kann man Kreativprozesse stattdessen gestalten? Innovation entsteht, wenn wir Folgendes beachten:

  • Verstehen: Probleme und Bedürfnisse beispielsweise aus einer Empathy Map.
  • Verflüssigen: Annahmen infrage stellen.
  • Verändern: Perspektivenwechsel für die Lösungsfindung.
  • Verbinden: Ansätze kombinieren.
  • Veredeln: Ideen kritisch verbessern und ausarbeiten.

Vor diesem Hintergrund können kreative Prozesse in 3 Phasen unterteilt werden.

1. Aktivieren

Das Hirn spart Energie und denkt lieber das, was es schon kennt. «Daher sind Umleitungen der Weg zur Kreativität», sagt Peter Petermann von Wundermann Thompson im Workshop.

Ein Wechsel des Settings – beispielsweise ein kurzer Spaziergang – oder Aufwärm-Übungen helfen, out oft the box zu denken, anstatt auf Bekanntes fixiert zu bleiben. (Karl Dunkers Kerzenproblem kann hierbei anregen.)

2. Entwickeln

«Gute Ideen werden nur zu brillanten, wenn man sie weiterdenkt», sagt Roland Pfister, Co-Autor des Ratgebers Creability. Eine Möglichkeit ist das Zweier-Mind-Map. Nach einer gewissen Zeit erhält die zweite Person die visualisierten Gedanken und setzt die Ansätze der ersten Person fort. Ein Duo hat immer den höchsten Ambitionslevel in kreativen Phasen. Auch die sogenannte «Flip-Flop-Methode» kann aufschlussreich sein und im Umkehrschluss neue Impulse geben: Wie könnte ich das Projekt schlimmstmöglich an die Wand fahren?

3. Ausarbeiten

Wie sieht der Soll-Zustand aus? Wie sollte sich das Zielerlebnis anfühlen? Welche der Ideen ist dazu am geeignetsten? Welche Barrieren gilt es zu reduzieren oder zu umgehen? Wo besteht noch Verbesserungspotenzial? Zur Beantwortung dieser Fragen kann es helfen, Rollen zu definieren – zum Beispiel mit durch die «Iterationsspirale». Ist der explizite Auftrag an jemanden, besonders kritisch zu sein, dann nimmt das Gegenüber das Feedback weniger persönlich.

Die Auseinandersetzung mit den gesammelten Einfällen werde oft vergessen, sagt Roland Pfister, «aber nur durch sie entstehen wirklich systematisch kreative und innovative Ideen».

Die «Young LSA Academy» bietet jungen und junggebliebenen Agenturmitarbeitende aus den Leading Swiss Agencies eine Austausch- und Lernplattform. Ziel ist es, die Anliegen des Nachwuchs der LSA-Agenturen stärker in den Verband zu integrieren.

Weiterführendes

  • «Creability» das Buch zu innovativen Kreativ-Methoden für Teams
  • Dialogplattform «Young LSA» von LEADING SWISS AGENCIES
  • Mehr Bernetblog-Beiträge zu Kreativität

Foto via Unsplash

  • Kategorien
  • Tags

Kommentieren

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

* Pflichtfelder

Beiträge

  • Spannend, das wusste ich noch nicht. Aber andererseits nachvollziehbar, denn „Brainstorming im Team heute um 3 Uhr“ setzt natürlich gut unter Druck – und das ist bekanntlich die effektivste Bremse der Kreativität.

    Aber es ist schwierig, bessere Wege zu finden. Die Leute „alleine machen zu lassen“, erfordert ein gewisses Vertrauen. Und schafft natürlich auch wieder eine andere Art Druck. Neue Bremse.

    Die Basis wird wohl immer ein gutes Team sein, das menschlich harmoniert. Und das fällt nicht automatisch vom Himmel.