«82% der medialen Berichterstattung drehen sich um Männer»

Am ersten Gisler-Gipfel boten vier Speaker:innen den Teilnehmenden eine breite Vielfalt an Themen rund um Facettenreichtum – von Rainbow Washing über Vaterschaftsurlaub bis zur Repräsentation im Journalismus. Fazit: Wir sind auf gutem Weg, aber er ist noch weit.
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Rund zwei Jahre nach der Gründung des Gislerprotokolls trafen sich Interessierte aus Marketing, Werbung und Kommunikation letzten Donnerstag, 23. März im Tanzwerk101 in Zürich zum Gipfel für Gleichstellung.

Warum reden wir noch darüber?

«Liebe Damen bis Herren.» Mit dieser Ansprache startete die bekannte LGBTQ-Aktivistin und Polit-Influencerin Anna Rosenwasser als erste Speakerin in den Abend. Die Schweiz sei nicht so tolerant, wie sie denkt. Auf dem internationalen Diversity-Ranking erreicht unser Land nur Platz 29. «Wir sind nicht modern. Wir sind reich. Das sind zwei unterschiedliche Sachen», merkt Rosenwasser an.

Frauen für Geschichte irrelevant

Die Stereotypen-Analyse des Gislerprotokolls zeigt den Handlungsbedarf spezifisch für die Kommunikations- und Werbebranche auf. Einerseits hat sich die Darstellung von Rollenbildern in 319 Werbespots im Vergleich zum Vorjahr verbessert: «Immer mehr Frauen sind Expertinnen und immer mehr Männer kümmern sich um jemanden», sagt Nina Bieli, Vereinspräsidentin des Gislerprotokolls und Chief People & Culture Officer bei Jung von Matt. Aber andererseits sprechen noch immer nur 81 der 245 gezeigten Frauen. Der Rest ist so dekorativ wie eine Topfpflanze. Bieli: «Frauen bleiben in der Mehrheit der Fälle für die Storyline von Werbungen irrelevant.»

Auch das Weltgeschehen – und die journalistische Wirklichkeitskonstruktion – bleibt weiterhin von Männern dominiert: «82% der medialen Berichterstattung drehen sich um Männer», sagt Karen Schärer, Journalistin SonntagsBlick Magazin und Gesellschaftsressort Blick. Damit sich an der Sichtbarkeit von Frauen nun endlich etwas ändert, setzt sich Ringier mit EqualVoice für ein ähnliches Ziel ein wie das Gislerprotokoll. «Bei publizistischen Entscheidungen müssen künftig auf allen Ebenen sensibilisierte Diskussionen stattfinden», so Schärer.

Rund 140 Teilnehmerinnen

Btw: Die 136 Mitglied-Agenturen scheinen hauptsächlich weibliche Vertreterinnen an den Anlass geschickt zu haben. Es bleibt zu wünschen, dass auch die Gästelisten der Gislerprotokoll-Events noch diverser werden und die Thematik auch in der Kommunikations- und Werbebranche die Bubble der Betroffenen durchbricht.

«Denn es geht hier nicht um ein Trend-Thema, sondern um Menschen», sagt Rosenwasser. Das würden viele Unternehmen vergessen – wenn die Absicht hinter der Positionierung nicht eine Haltung sei, sondern ein Mittel zum Zweck, um niemanden aus der Zielgruppe auszuschliessen.

Weiterführendes

Foto zvg Tobias Stahel

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