Immer schneller reagieren – oder besser: Bewusstes Timing

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uhrGerade arbeiten wir hier bei Bernet PR auf ISDN-Speed. Wow, wie langsam. Hoffentlich läufts morgen wieder «normal». Aber die Beschleunigung der Kommunikation bringt immer mehr Ablenkung. Gefragt ist bewusstes Timing. Keine einfache Aufgabe, denn wir werden ja nur zu gerne abgelenkt.

Im Juli 2007 hat brandeins eine gute Zusammenfassung zum Thema publiziert, unter dem Titel «Sie haben Ablenkung!». Mit diesem Link lenke ich Sie natürlich gleich wieder ab, aber das gehört ja heute zum Multitasking. Wie jener Kunde, der mich einmal vom Flughafen anrief – er checkte ein und führte neben mir zwei weitere Handy-Gespräche parallel. Oder die Gesprächspartner, die an Sitzungen mit aufgeklapptem Laptop aufmerksam zuhören und gleichzeitig ihre Mails abarbeiten. Manchmal auch beim Mittagessen, mehr oder weniger diskret unter dem Tisch am Blackberry.

Blackberrys sind ein gutes Beispiel: Erstens führen sie zu dauerndem Präsenz-Zwang («Ich war gerade nicht online» gilt nicht als Ausrede). Und zweitens erwartet der Absender SOFORT eine Antwort. Damit stehen moderne Informationsarbeiter nicht nur vor einer Fülle von Apellen, sie müssen sie auch jederzeit lesen und ganz schnell beantworten.

Da gibt’s nur drei Gegenstrategien:
1. Filter setzen. Tun wir ja alle, mehr oder weniger erfolgreich. Ja, zugegeben, manchmal sind wir auch zu wenig streng mit den Filtern – ist ja noch spannend, auf dem Verteiler auch noch dabei zu sein. Interessante Bemerkung des brand eins-Autors: Ganz wirksame Filter waren früher Sekretariate. Die bleiben heute gerade noch den CEOs vorbehalten.
2. Sich absetzen. Das heisst: Nicht erreichbar sein. Für die Beantwortung von Mails und Telefon klare Zeiten einsetzen. Die Mails nur ein oder zwei mal am Tag abrufen. Ich weiss: Noch gibt es Unternehmenskulturen und Chefs, die derart renitente Untergebene als Deserteure feuern würden. Ich glaube aber, dass das Pendel zurück schlagen wird. In Richtung mehr Vernunft, mehr Qualität, mehr echte Produktitivät. Und die grösste Herausforderung für dieses Sich-absetzen liegt bei mir selbst: Will ich nicht doch lieber ein wenig dies-und-das machen, immer wieder abgelenkt werden?
3. Sich Zeit lassen. Ja, ich weiss, jetzt werde ich richtig subversiv. Lieber einen Tag später handeln, dafür qualifiziert und überlegt. Hier liegt für mich die grösste Herausforderung. Wie bringe ich es fertig, strategisch zu bleiben und trotzdem taktisch schnell? Der Speed hat zugenommen, ich kann nicht einfach zurück ins ISDN-Zeitalter. Und trotzdem hat die Digitalisierung viel schnelle Hektik gebracht, wobei die Gesamt-Zielsetzung immer wieder aus dem Blickfeld gerät.

Interessant in diesem Zusammenhang: Der Mensch hatte ein paar 10000 Jahre Zeit für das Entwickeln der gesprochenen Sprache. Dann rund 1000 Jahre für die zeitversetzte schriftliche Kommunikation. Seit etwas mehr als 100 Jahren haben wir das Telefon und seit etwas mehr als 10 Jahren das Internet. Und jetzt zünden die rasant wachsenden Breitband- und Mobil-Anschlüsse die Hyperphase der Beschleunigung. Wenn sie nicht gerade ausfallen.

Wenn ich dann wieder schneller online bin, kann ich schneller lernen (-: Zum lernen habe ich auch noch das E-Mail-Assessment der Stiftung Produktive Schweiz ausgefüllt. Das dauert mit ISDN etwa 20 Minuten (nebenbei noch was anderes gemacht). Die Auswertung ist sehr detailliert und lohnt sich für alle, die sich sehr spezifisch rund um Mail Optimierungen suchen.

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Beiträge

  • Ich persönlich erhalte mir meine Zeit-Souveränität durch Unberechenbarkeit. Ich stehe dazu, dass ich ein Internet-Junkie bin und meistens online bin (Jetzt gerade nach einem Seminar auf dem Campus der Technischen Hochschule in Karlsruhe). Oft antworte ich innert Minuten, abhängig von meinem Programm, meiner Lust, dem Thema etc. Ich kann aber auch zwei, drei Tage warten, damit die Antwort richtig abgehangen ist. Ich habe noch nie von jemandem eine entsprechende Kritik kassiert – ich würde es auch niemandem anraten, mich deswegen anzupflaumen, die Retourkutsche wäre vorprogrammiert (darum macht’s wohl auch keiner). Zusammengefasst: Selbstbewusstsein ist alles, der Druck entsteht eher im eigenen Kopf als bei den Kontaktpartnern.

  • Sehr interessante Ausführungen, lieber Herr Bernet. Es ist wohl kein Zufall, dass ich seit Monaten das erste Mal wieder in Ihrer aller BernetBlog schau. Liebe Grüsse an ALLE im Büro! Auch mich interessiert die Schnellgkeit des Netzes, doch habe ich inzwischen gelernt, sie anders zu nutzen.
    Sie kennen ja meine Situation (-; , ziemlich Scheps und so…
    Ich, anders als Sie, habe viel Zeit. Na ja, Herr von Flohheim will versorgt werden, und verlangt nach seinen täglichen Spaziergängen. Und dann ist da Kochen und Waschen, und Staubsaugen. Bisschen malen (tatsächlich noch mit Pinsel oder Stiften) auf Papier oder Leinwand, oder schnitzen in Holz. Kochlöffel zum Beispiel. Langsam, wirklich langsam! Und dann natürlich wirkliche Public Relations, relating with the public, und dazu gehören auch Freunde. Also Freunde besuchen gehen, am liebsten zu Fuss, auf Schusters Rappen. Dieser Begriff bekommt übrigens einen ganz anderen Geschmack, wenn man sich überlegt, wie viele Rappen so ein Schuh, wenn nicht rahmengenäht, heutzutage wert ist. Oder wieder Briefe schreiben, beziehungsweise persönliche E-Mails. Das mach ich gerne!
    Und da könnte man eine ganze Studie machen, denn: Wissen Sie was? Seit ich nicht mehr publiziere, hat sich mein Spam buchstäblich in Luft aufgelöst. Früher hatte ich hunderte pro Tag, zum Löschen. Heute wohl bloss noch eine russische Jungfrau zweiwöchentlich, welche sich umsverrecken an mich schmeissen will. Nicht, dass ich etwas gegen Russland oder Jungfrauen hätte, btw…
    Auch ich lerne, Herr Bernet. Ich habe gelernt, es gibt einen vierten Weg, die Verweigerung. Die Verweigerung an die Schnellebigkeit (ist das nach neuem Duden?) unserer heutigen Welt. Wenn Kunden mein Atelier besuchen wollen, melden sie sich an. Per E-Mail, oder Brief. Es gibt dann Slow-Food und ein schönes Gespräch. Ich darf mir Zeit nehmen, und der Hund ist dann auch nicht so gestresst, und Blackberrys bleiben draussen, oder ich schmeiss sie zum Fenster hinaus. Handys und Festnetztelefonewerden abgeschaltet, und man hat endlich Zeit für sich und seinen Geschäfts- oder sonstigen Partner. Was für ein Luxus! Besser als eine IWC-Uhr aus reinem Gold, Platinium oder Titan!

    Doch, betreffend Geschwindigkeit im Netz: Ober-Mega-Affen-Titten-Geil. Ich habe den Zehntausender-Anschluss von CableCom. Ich schau mir regelmässig Ur-Alte Filme an. Jeden Tag mindestens einen! Man findet so viele auf diesem Internetz. Es ersetzt einem glatt das Fernsehen, dass ich nicht habe, ausser auf Zattoo, und das „sucks“! Von alten Filmen kann man auch lernen! Man kann sie eins zu eins auf die Situation der heutigen Zeitgeschichte übertragen. Sei es der Stummfilm „SnowWhite“, das Märchen Schneewitchens von 1916, sei es der Film „Fountainhead“, nach einem Buch von Ajn Rand, sei es
    http://filmschatten.blogspot.com/2007/09/takva.html ,
    ein türkischer Film, der zeigt, dass die islamischen Fundamentalisten auch nicht anders denken als wir (oder unsere CEOs)

    Time, they say, is money, Herr Bernet. „I have no money, so what do I care? I have time!. I won’t wast yours any longer“

    liebe grüsse! paz!