Vor etwa einem Monat hat mich eine Zeitungsnotiz aufgeschreckt: 10.000 Milliarden Staatschuld in den USA? Wie ist denn dieser Betrag entstanden und was hat er zu bedeuten?
Die Meldung ging durch die Schweizer Medien, dass die öffentliche Verschuldung der USA per September erstmals über 10 000 Millionen Milliarden (Danke an Hannes Glaus für den Kommentar) Dollar liege. Davon werden 5 800 Millionen Milliarden von privaten Investoren gehalten, der Rest von anderen Staaten. Auf dieser Seite werden die Daten monatlich veröffentlicht. Der amerikanische Staat gibt dazu verschiedene Formen von Wertpapieren heraus, die als sehr sichere Anlage gelten – mehr dazu auf der FAQ-Seite der US Treasury selbst.
Nach weiteren Recherchen habe ich ein Excel-Sheet mit den historischen Daten gefunden und es aufbereitet (anklicken macht es noch grösser).
Wer hat in den 90er Jahren Gegensteuer gegeben? Clinton wars. Wikipedia hat mir mit einer Präsidentenliste geholfen, die sind jetzt auf der Zeitachse eingetragen. Reagan und Bush haben Gas gegeben. Erstaunt hat mich die zurückhaltende Entwicklung während des Vietnamkriegs, in der Ära Kennedy und Johnson. Bestimmt waren Kriege noch billiger und das grosse Deficit Spending hat dann die Ära Reagan gebracht.
Fazit: Auf den Schultern Barack Obamas lastet eine schwere Bürde. Die Staatsinterventionen aus der Finanzkrise sind noch nicht alle verbucht, wie ich annehme. Und eine rezessive Wirtschaft verlangt wieder nach staatlich finanzierten Ankurbelungsmassnahmen (dazu ein aktueller Economist-Artikel).
Hier liegt der kommunikativ interessante Aspekt: Staatsschulden sind keine Schulden. Zurückzahlen ist nicht vorgesehen. «Too big to fail» gilt für den Staat erst recht. Eine wichtige Kennzahl ist das Verhältnis dieser Schuld zum Bruttosozialprodukt, und da sieht Japan ganz wesentlich schlechter aus als die USA – siehe Liste auf diesem Wikipedia-Eintrag.
Gegensteuer? Hatte Clinton nicht eher das Glück, in die vorläufig letzte echte wirtschaftliche Wachstumsperiode zu geraten?
Aha. Wie erklären Sie sich all die Staaten und insbesondere auch Grossmächte der Vergangenheit, die Bankrott gingen? Denken Sie nur mal an die Briten und Franzosen – davon findet sich bestimmt auch etwas bei Wikipedia! :->
Konkret: Ein CDS auf Argentinien kostete letzte Woche 4430 Basispunkte. Wer USD 10’000 gegen einen Zahlungsausfall von Argentinien versichern will, bezahlt JÄHRLICH USD 4430! Aus „Too big to fail“ wird „Too big to bail“. Der Markt schätzt heute (gemäss CDS-Preisen) das Konkursrisiko von Russland höher ein als dasjenige der grössten globalen Finanzwerte. Es ist VORSICHT geboten.
Ergänzung zu meinem Kommentar vom 10.11.08: Hier die CDS-Preise für die 20 riskantesten Länder http://tinyurl.com/3sm7bc
@mds recht hast du. @ rico und cds: hat jemand von euch begriffen, was aig eigentlich versichert hat? die unglaubliche summe von geschriebenen cds ist derart desaströs, dass irgendwie jede hilfe unmöglich erscheint. aber vielleicht schnalle ich das einfach überhaupt nicht. hat jemand einen artikel gesehen wo das mal richtig beleuchtet wird?
@marcel bernet: Beim nochmaligen Durchlesen klingt mein obiger Kommentar unnötig aggressiv – schön, dass Sie derart tolerant sind!
Zur Frage an @rico und @cds: http://wirtschaftquerschuss.blogspot.com/2008/10/das-deutsche-banken-mikado.html?showComment=1225096440000#c3676802086996340167 bezieht sich nicht direkt auf AIG, erklärt aber, worum es bei den ganzen Derivaten eigentlich geht.
Und noch als Ergänzung: Eigentlich ist die Frage nach der «Versicherung» falsch gestellt – AIG war im Wesentlichen keine Versicherung (mehr).
@marcel @mds gute Erklärung auf diesem Link. Macht auch deutlich, warum CDS unbedingt an einer Derivatbörse (CBOT, CBOE) gehandelt werden müssen/sollten. Bei Futures und Optionen geht das auch. Nur so kommt Transparenz in diese eigentlich sinnvollen Instrumente. Zum Schluss: Auf Lehman waren 12x mehr CDS offen also Lehman Fremdkapital hatte…
Habe doch noch einen spannenden und detaillierten Artikel zu AIG gefunden: http://www.handelszeitung.ch/artikel/Finanz-WSJ_Computer-liessen-die-AIG-untergehen_430361.html
Grüsse
Rico
Im 10’000er Bereich verschwimmen die Grenzen zwischen Millionen und Milliarden: Typo im Text!
@hannes: oops, danke. schon bei der grafik musste ich zehnmal gucken mit den stellen, im text gings mir doch glatt durch die lappen.