Wie bewegen sich Verlage im Online-Bereich? Was heisst das für Kommunikations-Verantwortliche und Medienschaffende? Diesen Fragen geht der bernetblog neu auch mit Gesprächen auf dem blogsofa nach. Platz genommen hat Tobias Trevisan, Geschäftsführer und Sprecher der Frankfurter Allgemeinen Zeitung FAZ. Im ersten Teil gehts um Sparen, Qualität und das Ziel, Deutschlands grösstes Finanzportal zu werden.
Tobias Trevisan ist ein angenehmer Gesprächspartner: Offen, pragmatisch, unprätentiös. Der Verlagsprofi war unter anderem tätig für Ringier, TA Media und NZZ. Von dort hat er 2006 den Sprung in den deutschen Markt gewagt. Als gebürtiger Basler kommt er immer wieder gerne in die Schweiz – mit knapp 3000 Abonnenten und grossen Werbekunden der wichtigste Auslandmarkt seines heutigen Arbeitgebers. Zwischen Geschäftsterminen und einem Ski-Wochenende in Davos nimmt er Platz auf unserem blogsofa.
Herr Trevisan – was sind die letzten News, die Sie gelesen haben?
Die Meldung über den Absturz des Airbus in den Hudson, auf meinem Blackberry – über NZZ Online.
Wie konsumieren Sie generell News?
Am Morgen die Zeitung, natürlich zuerst die FAZ, dann Konkurrenten. Im Büro immer wieder Online-Dienste, bei kleinen Pausen oder auch während eines Telefongesprächs. Ich konsumiere sehr wenig Fernsehen, einzig Nachrichten – und wenn, dann oft sehr spät abends.
Spart auch die FAZ?
Wir haben uns zum Glück bereits im ersten Quartal 2008 mit Sparüberlegungen auseinandergesetzt und uns im August für einen Einstellungsstopp entschieden. Die Zeichen waren schon Ende 2007 klar: ein Rückgang der Stelleninserate und Anfang 2008 weniger Werbung aus dem Finanzbereich. 2009 wird wirtschaftlich ein schwieriges Jahr . Wieder aufwärts geht es wohl frühestens Anfang 2010.
Wie lassen sich Sparübungen mit Ihrem Qualitätsanspruch verbinden?
Einsparungen sollten ohne Qualitätsverlust zu erreichen sein. Wir versuchen das, indem wir laufend alle Prozesse überprüfen. Im Verlagsmarketing konzentrieren wir uns beispielsweise uns auf das, was die höchste Effizienz bringt.
Im Vordergrund der Diskussion steht der Qualitätsbegriff: Wir orientieren uns sehr häufig an der angebotenen und zu wenig an der nachgefragten Qualität. Da müssen wir umdenken. Bei der FAZ waren wir zum Beispiel davon überzeugt, dass ein Farbfoto auf der Titelseite die Qualität mindert. Und dann haben Tests gezeigt: Unsere Leser sehen das ganz anders. Das im Oktober 2007 eingeführte neue Layout hat wesentlich dazu beigetragen, dass wir unsere Auflage erhöhen konnten. Und dass die Leser der FAZ in einer Marktforschung eine höhere Qualität attestieren.
Dieser blogsofa-Ausschnitt illustriert: Tobias Trevisan sieht die grösste Bedrohung nicht in der aktuellen Wirtschaftslage sondern in der strukturellen Veränderung der Mediennutzung. Die Online-Aktivitäten zählen zu den strategischen Projekten der FAZ.
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Wie wichtig ist Online für die FAZ?
Online ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Inhalts- und damit unserer Markenstrategie. Wir wollen den Online-Bereich weiter ausbauen. In eine Richtung, von der die Gesamtmarke profitiert und die gleichzeitig Einkünfte generiert.
Wie wollen Sie das erreichen?
FAZ.net ist als Nachrichtenportal in den Bereichen Politik, Wirtschaft und Feuilleton etabliert. Wir ergänzen die Newsplattform nun mit vertikalen Themenportalen. Es sollen Bereiche entstehen, in denen sich die Leserinnen und Leser massgeschneiderte Infos holen und wo sie sich in Communities auf unserer Plattform austauschen können.
Ein erster Schritt in diese Richtung ist unser Finanzportal, das wir in diesen Tagen live schalten. Dahinter steht ein Joint Venture mit Softwareunternehmen, die auf die Entwicklung von Beratungsapplikationen für Finanzinstitute spezialisiert sind. Dieses Finanzportal ist über semantische Verfahren mit unserem Nachrichtenportal verknüpft. Das macht es möglich, Inhalte schneller und besser auf die Bedürfnisse der Nutzer einzurichten.
Finanzportale gibt’s viele – wo liegt der Unterschied?
In zwei Punkten: Erstens entwickeln wir nich nur ein reines Börsenportal, sondern eine Allfinanzplattform. Das heisst: Wir decken ein breites Themenfeld von Steuerfragen über Immobilien, Altersvorsorge bis zur Vermögensplanung ab. Und zweitens bieten wir zu den redaktionellen Inhalten und Daten auch Beratungsapplikationen. Sie erlauben es, die persönliche Finanzplanung selbst zu erstellen. Da verbinden wir Information und Beratung, als neutraler Verlag. Immer mehr Kauf- und Anlageentscheide werden im Internet vorbereitet und hier ist die FAZ ein äusserst glaubwürdiger Anbieter.
Wir haben die Plattform von Anfang an als Mandantenlösung aufgebaut. Dies erlaubt uns zum Beispiel mit T-Online zusammenzuarbeiten: Sie werden unser System auf ihrer eigenen Plattform übernehmen. Im Moment sind wir in Verhandlungen mit weiteren Portalen – mein Ziel: Noch in diesem Jahr wollen wir das reichweitenstärkste Finanzportal Deutschlands sein.
blogsofa FAZ_2: Offene Archive und Semantik
blogsofa FAZ_3: Was müssen Journalisten können?
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@peter, uff danke, geflickt