In einem Handelsblatt-Interview am Rande der Cebit macht der NYU-Professor Clay Shirky interessante Aussagen zur Zukunft der Tageszeitung. Für Inhalte wurde noch nie bezahlt – und in fünf Jahren wird das Erstellen und Verteilen von News von Unternehmen geleistet, die es vor 2000 noch nicht gab.
Aber hoppla. Es macht Spass, den Ausführungen des Beraters, Autors und Dozenten zu folgen, hier seine Bio. Er formuliert schnell, klar und vertritt eindeutige Positionen. Der Handelsblatt-Redaktor und Blogger Thomas Knüwer hat das Interview am 3. März online gestellt. Den Hintergrund zu Shirkys Aussagen bietet sein Grundsatzartikel «Newspapers and thinking the unthinkable» (danke Marco für den Kommentar-Link). Meine Schlüssel-Erkenntnisse aus dem Interview, Video am Schluss:
Für Inhalt wurde noch nie bezahlt
Die ganze Diskussion darum, dass man für Inhalte bezahlen müsse, ist für Shirky total daneben. Denn für Inhalte hätten wir noch nie bezahlt: «Wir zahlten für Bücher, LPs, Zeitungen. Aber nie für deren Inhalt, sondern für die Dienstleistung. Fürs Drucken, Verteilen, im Buchladen oder Kiosk bereit halten.» Früher war die Dienstleistung an das Gerät, die Platte, die CD, die Zeitung gebunden. Heute haben wir dafür einen Computer, der ist Radio, Fernseher, Zeitung in einem. Und niemand will mehr für die Inhalte bezahlen.
Gute Inhalte wurden immer subventioniert
Von Regierungen, Stiftungen, den Werbern. Nie haben die Benutzer voll und ganz für die Inhalte bezahlt. Wieso sollen sie das jetzt tun?
Bezahl-Inhalte: Langsamer Zerfall, aber Bedeutungslosigkeit
Zeitungen, die ihre Inhalte hinter einer «Bezahlwand» verstecken, werden damit den eigenen Untergang etwas aufhalten. Aber sie bezahlen für diesen Aufschub mit der Aufgabe ihres News-Potenzials. Wer eine top-aktuelle, globale Geschichte mit grossem Aufmerksamkeitspotenzial nur den Abonnenten zur Verfügung stellt, wird im grossen globalen Online-Pool nicht mehr wahrgenommen.
In fünf Jahren schreiben und verteilen Startups die News
Vor einigen Jahren sei er noch ganz positiv gewesen, was den Fortbestand der etablierten News-Verlage betreffe. Heute sei er davon überzeugt, dass das Web tolle Chancen für Startups im Newsbereich biete. Shirky meint apokalyptisch, dass in fünf Jahren das Sammeln und Verteilen von News für den Online-Bereich von Unternehmen geleistet werde, die erst nach 2000 gegründet wurden.
Soweit nur das wichtigste, interpretiert von mir. Hingucken lohnt sich. Ach ja – und trotz aller Schwärze wird es eine Marke wie die New York Times immer geben. Aber sie wird ganz anders produziert und vermarktet werden, meint der frühere Partner eines Startup-Investors.
die NYT hat laut tagi artikel zurzeit 1.1 milliarden dollar schulden… da stellt man sich schon die frage ob so eine firma in ein paar jahren noch da sein wird…
link zum artikel: http://bit.ly/eLBFT
@marco recht hast du. leider ist es extrem eng für die klassischen medienhäuser – die neuen gechäftsmodelle sind noch nicht wirklich da. spannend auch dieser beitrag von ronnie grob in der nzz: http://bit.ly/19IOkJ
„…cause the brand is so good…“ oder auch nicht lol. Bin froh dass der Typ Zeitung macht und net im Fernsehen ist, halt seine Art zu reden nicht wirklich aus.
@heinze: das rausfiltern der spannenden aussagen ist anspruchsvoll, hätte gerne ein schriftliches interview gelesen, aber nirgends gefunden
Da muss ich Heinze recht geben es ist wirklich kaum auszuhalten wie er redet.
ich denke die meisten aussagen im video finden sich auf folgendem blog eintrag von Clay Shirkys wieder:
http://www.shirky.com/weblog/2009/03/newspapers-and-thinking-the-unthinkable/
dieses mal ohne nase-poppeln und wilder gestik 😉