Die Serie «Journalist:innen im Web» porträtiert Redaktor:innen und ihren Alltag im Social Web im Rahmen einer qualitativen Studie von Bernet Relations und der ZHAW. Die Zusammenfassung und Auswertung der Studie erfolgt (bereits zum vierten Mal nach 2015, 2017 und 2019) im Frühling 2024. Der Hashtag zur Studie: #jstudie24.
«Jeden Morgen, noch bevor der Tag richtig beginnt, tauche ich in die Welt von LinkedIn und Bluesky ein, auf der Suche nach den neuesten Entwicklungen», erzählt Petar Marjanović über seine Morgenroutine. Er gibt zu, dass die Faszination für Bluesky nicht die gleiche Intensität erreicht wie einst bei Twitter, doch die Notwendigkeit, am Puls der Zeit zu bleiben, treibt ihn an.
Die Veränderungen bei Twitter, jetzt X, die Petar Marjanović als Übergang «von einer lebendigen Bar zu einem stillen Raum» beschreibt, bewogen ihn dazu, Alternativen zu erkunden. «Bluesky schien mir eine Plattform zu sein, die das Gleichgewicht zwischen technischer Effizienz und Benutzerfreundlichkeit besser hält», reflektiert er über seinen Wechsel. Leider sei es als «geschlossener Raum» für die Recherchearbeit noch eher unattraktiv.
Dank Social Media am Puls der Konsument:innen
Als Journalist für Konsumentenmagazine ist Petar Marjanović auf direkte Stimmen von Konsument:innen angewiesen. «Ich überlege mir, wo und wie die alltägliche Konsumentin agiert.» Er unterstreicht dabei die Bedeutung von Social Media für journalistische Recherchen: «Die dynamischen Foren und Gruppen, beispielsweise auf Facebook, bieten Einblicke in die tiefsten Sorgen und Hoffnungen der Menschen.» Trotz Einschränkungen durch kostenpflichtige Dienste für die Datenauswertung sei Social Media ein unverzichtbares Instrument. Bei aller Experimentierfreudigkeit bleibt Petar Marjanović kritisch gegenüber dem Einsatz von KI-Tools: «Die Zuverlässigkeit dieser Methoden ist noch immer fraglich. Als Journalist:innen müssen wir sorgfältig abwägen, was wir veröffentlichen.»
Neue Formate für ein immer diverseres Publikum
In der heutigen schnelllebigen Medienwelt ist es für Petar Marjanović wichtig, neue Formate zur Publikation seiner Arbeit zu erforschen. «Besonders relevant ist die Umsetzung meiner Recherchen in Kurzvideo-Form. Dies ermöglicht es, komplexe Themen einem breiten Publikum zugänglich zu machen.» Solche Videos fangen die flüchtige Aufmerksamkeit der Zuschauer:innen und bieten die Möglichkeit, tiefgründige Inhalte auf eine leicht verständliche und ansprechende Weise zu präsentieren. «Dies entspricht einer Art von Boulevardisierung, jedoch im positiven Sinne: Es trägt dazu bei, wichtige Themen einer viel grösseren und vielfältigeren Zuschauerschaft nahezubringen, ohne dabei die inhaltliche Tiefe zu opfern.»
Ein offener Dialog mit dem Publikum sei dabei essenziell. «Ich schätze jedes Feedback, das mir hilft, meine Arbeit zu verbessern», sagt Petar Marjanović über die Interaktion mit seinen Leser:innen. Er betont die Wichtigkeit, zugänglich zu bleiben und gleichzeitig Grenzen gegenüber destruktiven Kommentaren zu setzen.
Anpassungsfähigkeit zeigen im digitalen Zeitalter
Petar Marjanović repräsentiert den zeitgenössischen Journalisten, der die Möglichkeiten der Digitalisierung voll ausschöpft. «Die digitale Welt ist unser neues Zuhause», konstatiert er. Dennoch: Auf Social Media erzeugen nicht alle Inhalte gleichermassen Resonanz. «Das blosse Posten eines Links mit dem Titel der Story als Begleittext stösst oft auf geringes Interesse.» Effektiver sind hingegen Videoinhalte, die schnell die Aufmerksamkeit der Nutzer:innen auf sich ziehen. Allerdings führen diese Videos nicht zwangsläufig dazu, dass die Nutzer:innen dem Link folgen und sich die längere Story ansehen. Somit ist zwar die sofortige Aufmerksamkeit höher, sie garantiert jedoch nicht die Vertiefung in die eigentliche Geschichte.
Verantwortungsvoller Umgang mit Social Media
Petar Marjanović hebt schliesslich hervor, dass die Nutzung von Social-Media-Plattformen eine bewusste Entscheidung für journalistische Integrität erfordert. «Es gibt keine strikten Regeln, doch die Erwartung ist, dass wir die Prinzipien guter journalistischer Praxis anwenden», erklärt er. Er unterstreicht die Notwendigkeit, Standards der Fairness, Genauigkeit und Integrität nicht nur in traditionellen Medien, sondern auch im digitalen Raum zu wahren.
Steckbrief
Petar Marjanović, 31
Redaktor Saldo
Facebook und Twitter/X seit 2009 (Twitter/X bis 2023)
Instagram seit 2012
LinkedIn seit 2016
Bluesky seit 2023