…dafür unter anderem Paul Auster, Peter Stamm und Granma. Drei Wochen hatte ich Ferien, eine war für Weiterbildung reserviert. Das Abschalten hat gut getan – und neue Impulse vermittelt. Paul Austers Brooklyn Revue erzählt eine New Yorker Geschichte auf sehr spezielle Art und Weise. Am spannendsten war für mich, wie der Autor mit der Erzählfigur umgeht. Der frühpensionierte, krebskranke, geschiedene Verkäufer von Lebenspolicen geht nach Brooklyn, um sich umzubringen. In der Ich-Form beschreibt er seine Erlebnisse, greift dem Geschehen mal vor, schreibt übers Schreiben. Aber nie gekünstelt. Die Figuren sind wie immer sehr lebendig gezeichnet und der Schluss gefällt mir sehr. Einen schönen Abschnitt zum Thema Verzeihung habe ich gleich in unsere Zitatdatenbank gesetzt: «Jemanden um Verzeihung bitten ist eine komplizierte Angelegenheit, ein heikler Balanceakt zwischen halsstarrigem Stolz und tränenreicher Reue, und wenn man sich dem anderen gegenüber nicht wirklich öffnen kann, klingt jede Entschuldigung leer und falsch.»
An einem Tag wie diesem berichtet ebenfalls von gebrochenen Lebensläufen. Der Schweizer Autor Peter Stamm schafft es, in einer sehr direkten Sprache ohne Zierat und ausschweifende Wortbilder eine trockene und entschlackte Atmosphäre zu schaffen, die mich sehr anspricht. Und die Geschichte vom Mann, der auf verschiedenen Wegen Liebe sucht und Liebe vermeidet gefällt mir.
Und schliesslich Granma, die Monopol-Zeitung von Kuba, wo ich die ersten zwei Wochen rumgereist bin. Kuba ist ein ideales Land für individuelles Reisen oder all-inclusive-Strandurlaub. Und für Medienfasten-Retreats geeignet: Keine Plakate, keine Werbung, keine Zeitungen. Propaganda-Plakate zu Revolutions-Themen sind entlang der Strassen zu sehen, dafür wird konsequent auf Wegweiser verzichtet. Che Guevara und Fidel versprechen „Luchamos hasta la Muerte“, keine halbnackten Männer und Frauen verführen zu neuen Konsumabenteuern – die Scham wegen des fehlenden Sixpack geht total vergessen. Granma haut dafür rein in die Propaganda-Tasten; die Fronten sind klar. Und es gibt sogar eine Online-Ausgabe, ein prima Beispiel für die internationale Kommunikation dieses Landes. Die deutsche Ausgabe ist ziemlich veraltet – jetzt ist die Mai-Ausgabe online. Dafür zeigt die spanische heute ganz aktuell den Geburtstagsbesuch von Hugo Chavez am Krankenbett des Commandante, siehe Bild.