Heute habe ich in der Neuen Zürcher Zeitung einen guten kurzen Kommentar zur ganzen Swissfirst-Thematik gelesen. Ermes Gallarotti bringt aus seiner Sicht auf den Punkt, wie die Geschichte gelaufen ist. Sie beschäftigt die Medien seit mehreren Wochen und bietet viel interessanten Lehrstoff für Kommunikationsprofis. Interessant war unter anderem die Rollenverteilung zwischen Martin Bisang (im Web nichts zu finden über ihn persönlich – hier ein altes PDF-Organigramm von der Swissfirst-Website von heute) und Thomas Matter – Bisang hat jeden Auftritt verweigert, Matter versuchte mit einigermassen offenem Visier das Boot aus dem Medienorkan zu drehen. «Reden ist Silber, Schweigen ist Gold?» In diesem Fall hat Schweigen die Sache nicht gerade vergoldet.
Das Fazit aus meiner Sicht: Überlegen Sie sich sehr gut, ob sie ins Scheinwerferlicht treten wollen. Wenn Sie öffentlich engagiert sind, vom Austausch mit einer Vielzahl von Partnern und Interessensvertretern leben, dann können Sie gar nicht anders. In einer zunehmend vernetzten Welt gibt es bestimmt nur noch ganz wenige Organisationen, wo edel schweigen Sinn macht. Und wenn Märkte immer mehr zu Konversationen werden, dann ist man halt ohne Dialog raus aus dem Markt.
Mit Ausnahmen. Dort, wo Insider in einer oligopolistischen Struktur ihr eigenes Süppchen kochen. Und nie erzählen alle alles, schliesslich hört die Konkurrenz nur zu gerne mit. Sich abgrenzen gehört auch zur Kommunikation.
Genug der Philosophie, zurück ins Scheinwerferlicht. Was nicht geht und was Ermes Gallarotti pointiert kommentiert: Sich als kotiertes Unternehmen der Öffentlichkeit gegenüber verschliessen. Wer in einem Going Public viel Geld reinholt, kann nicht plötzlich aus dem absichtlich angeknipsten Scheinwerferlicht treten. Wer sich durchs öffentliche Exponieren Vorteile holt, kann in schwierigen Situationen nicht zurückkrebsen.
Wer versucht, Schweinwerfer abzudunkeln, vergrössert die Schatten. Davon hat denn auch die Swissfirst-Geschichte in den letzten Monaten gelebt. Also: Wenn Sie die Lampe anknipsen heisst das – draussen bleiben. Gleich helles Licht oder heller machen, dunkler geht nicht. Das gleiche gilt auch für ein Corporate Blog – man kann sich nicht verstecken, wenn plötzlich kritische Kommentare reinkommen. Ab Anfang September wird die Swisscom als erster Schweizer Konzern in die Scheinwerfer der Blogosphäre treten. Was dann gleich zu einer saftigen Headline und Platzierung auf der Frontseite Wirtschaft führt – «hurra wir bloggen» bringt in der Schweiz noch Aufmerksamkeit (Artikel aus dem heutigen Tages-Anzeiger, der sich auf die Berner Zeitung bezieht. Den Originalartikel konnte ich trotz längerer Recherchen bei der BZ nicht aus der Tiefe des Archivs heben.)
Die Berner Zeitung hatte die Story über den Swisscom-Blog am 26. August 2006. War nicht allzu schwer, den Artikel („Noch bloggen die Unternehmen nicht“) im Web zu finden:
http://72.14.221.104/search?q=cache:du70EvGdiX4J:www.espace.ch/artikel_239262.html+swisscom+blog+bernerzeitung&hl=de&gl=de&ct=clnk&cd=9&lr=lang_de&client=firefox-a
Einen Tag nach dem gestrigen Tagi-Artikel über den Swisscom-Blog hat heute die Neue Luzerner Zeitung nachgezogen und unter anderem über die Studie der HSW Luzern zum Thema Weblogs in der Schweiz berichtet: http://www.corporate-blog.ch/
@erich: dein link auf den artikel der berner zeitung funktioniert nicht – hast du den richtigen?
Sorry, gestern war der Artikel noch via Google-Cache auffindbar, jetzt scheinbar nicht mehr. Im Archiv des Bieler Tagblatts habe ich einen Hinweis gefunden. Der Bericht ist sogar einen Monat älter, nämlich vom 26. Juli 2006:
„Noch bloggen die Unternehmen nicht: Weblogs haben die Welt der Unternehmen offenbar noch nicht verändert. Weder intern noch extern werden sie für die Kommunikation genutzt. Nur die Swisscom prescht vor: Sie lanciert demnächst den Telekomblog.“