PR ist doch nicht so schlecht – und die Medien?

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vonjournidavonlaufendefrau.gifEdgar Schuler klärt im Magazin von diesem Samstag fünf PR-Irrtümer, ganz unverdächtig aus Mediensicht. Ist nun PR schuld an den PR-Geschichten in den Medien? Oder ist die Frage ganz einfach falsch gestellt?

Leider ist der Artikel weder im medienspiegel.ch (dort schreibt Edgar Schuler) noch beim Tages Anzeiger gratis verfügbar. Habe zu wenig weit zurück gesucht! Am 6. November war der Artikel nämlich schon auf dem Medienspiegel zu lesen… Danke Martin für den Kommentar.

Hier die fünf Irrtümer in meiner Abkürzung:

1. PR ist schlecht, Medien sind gut: Stimmt nicht. 70 Prozent der Medienberichterstattung kommt aus PR-Quellen. In der Medienwelt ginge nichts ohne die Infos aus Unternehmen, Behörden, Organisationen.

2. Wahre Infos wachsen nur aus harter Recherche: Stimmt nicht. Diese Recherche fängt oft erst an, nachdem ein Insider geplaudert hat, in eigenem PR-Interesse, siehe erster Irrtum.

3. Medienkonsumenten wollen keine PR, sondern Qualitäts-Info: Stimmt nicht. Sonst gäbe es keine Weihnachts-Shopping-Beilagen, Autotestberichte, Hochglanzmagazine.

4. Früher war alles besser: Stimmt nicht. In den guten alten Medienzeiten dominierten Verbands- und Parteiblätter die Schweizer Medienszene, mit wenig Wettbewerb. Und besser dotiert waren diese Redaktionen auch nicht.

5. Geld löst das Problem: Stimmt nicht. Obwohl Edgar Schuler nichts gegen besser besetzte Redaktionen hat – Quantität sichert nicht unbedingt Qualität. Auch in den fetten Neunziger Jahren hätten die gut dotierten Redaktionen kräftig mitgeschrieben an der Internet-Blase, die kritischen Stimmen seien eher aus den knapp dotierten Randblättern gekommen.

Zum Schluss wagt der Autor die These, dass eigentlich die PR-Fachleute den Journalisten aus der Hand fressen müssen. Wobei er gleich zugibt, dass man unter Medienethikern natürlich mit diesem Standpunkt auf keinen Fall punkten kann.

Schön, dass Edgar Schuler auch diese letzte These wagt. Und dass er als Vertreter der Medienzunft einen unverkrampften Blick auf das gegenseitige Abhängigkeitsverhältnis von PR und Medien wagt. Aus meiner Sicht blicken wir hier ganz einfach auf zwei Systeme, die sich in den letzten zehn Jahren (mit kleinen Rückschlägen) gewaltig aufgebaut haben.

Gestiegen sind auf Verlagsseite die Anzahl der Titel, die Frequenz der Publikation und (so wage ich zu behaupten) die Anzahl der Stellen.

Gestiegen sind auf PR-Seite die Anzahl der Berater, die Anzahl der Pressestellen bei Behörden, Verbänden, Unternehmen, Organisationen.

Beide Systeme stehen in einem intensiven Austausch, mit hohem Wettbewerb, mit teilweise gleichen und gegenläufigen Interessen. Die Medien wollen gute Geschichten, exklusiv. Die Öffentlichkeitsarbeit wollen gute Artikel, möglichst viele. Beide Seiten definieren selbst, wofür «gut» steht. Und ach ja, der Medienkonsument sagt dann auch noch, was er als «gut» einkauft. Und aus diesem intensivierten Austausch heraus steigt der Druck auf alle Beteiligten.

Das ist nicht schlecht. Und auch nicht gut. Es ist einfach so. Ich wünsche mir mehr unverkrampfte Blicke aufs Spielfeld der Interessen. Daraus kann dann nämlich die Qualität steigen – im Interesse der Medienkonsumenten.

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