Die Farbe knallt: Seit gestern gibts «heute» nur noch als Blickfang im pinken Abendkleid. Ein erstes Echo aus Bernet-Sicht.
Gestern abend habe ich dem Blick am Abend-Verteiler gerne eines der rosa Blätter abgenommen. Das hat natürlich viel mit meinem Gwunder zu tun – der morgendliche .ch-Ausrufer am Bahnhof Stadelhofen tut mir hingegen jeweils leid. Früher habe ich mir «heute» nur dann aus der Box gegriffen, wenn ich abends an einer vorbei kam und grad ein paar Minuten im Zug oder Tram totzulesen hatte.
Mehr Zeitung – mit Redaktionsschluss um 1200 Uhr
Thomas Benkö, Leiter Newsdesk, freut sich über das neue Layout: «Wir sind mehr Zeitung geworden. Mit Titel, Lead und Lauftext ist die Gestaltung dichter, wir können etwas Schönes aufbauen.» In der ersten Nummer ist das Layout aus seiner Sicht noch ein wenig unruhig ausgefallen, aber daran arbeitet man. Redaktionsschluss ist jetzt so um 1200 Uhr mittags – auch wegen der Euro. «Jetzt müssen die gedruckten Ausgaben bis spätestens 1600 in allen Boxen und zusätzlich in den UBS-Arenen aufliegen. Mit dem absehbaren EM-Verkehrsdruck ein ambitiöses Ziel. Danach können wir den Redaktionsschluss wohl wieder gegen 1300 Uhr verlegen.»
Viel People, auch News
Wir bernetblogger haben uns unisono gefragt, wieso denn die SVP-Geschichte nicht gross auf der Frontseite gefahren wurde. Das wäre doch ein idealer News-Aufhänger gewesen – dazu Thomas Benkö: «Die Berner informierten am Nachmittag, wir konnten erst den Bündner Gründungsentscheid bringen. Der war dann auch auf Seite 2/3 als News Nummer 1.» Auf dem Titel des Abendblicks prangen drei Stars- und Sternchengesichter. Am stärksten aufgemacht ist die Date-Suche des Fussballers David Degen. Die TopFive-News des ersten Blick am Abend zeigen in etwa, wohin wohl der Mix geht: 1. Bündner SVP gründet eigene Partei, 2. MacDonalds eröffnet McCafé, 3. China verbietet Gratis-Plastiksäcke, 4. Wer tröstet David Degen? 5. Sport-Interview mit dem Delegierten der Schweizer Fussball-Nati.
Stark online, Leser wählen Kolumne
Sehr gut gemacht ist der parallel lancierte Online-Auftritt. Die Navigation entspricht punktgenau dem Blick-Layout. Man findet sich gut zurecht, die Aufrisse sind webgerecht und reisserisch gemacht mit starken Bildern. Und die Sites sind gegenseitig verwoben – die farbliche Abgrenzung ist hilfreich: Rot = Blick, Rosa = Abendblick. Die Print-Orientierung wird für die eingefleischten «heute»-Fans etwas schwieriger werden: Jetzt sind die Comics über mehrere Seiten verteilt, was ich schade finde. Und die Rückseiten-Renner «Street Style» und Zoras Kolumne sind umplatziert (Street Style im blauen Life-Teil, viel kleiner) oder gekillt. Dafür machen jetzt ein paar andere Kolumnenschreiber mit – eine/r davon aus Leserkreisen. Die oder der wird per Leserbeteiligung/SMS abgewählt oder behalten. Siehe dazu auch das Ringier-Communiqué zur Lancierung.
Der Abend ist stark besetzt
Unter des Leitung des erfahrenen Journalisten Peter Rothenbühler [ganz schlecht recherchiert von Marcel Bernet – die Korrektur kommt von Ronnie Grobs umfassender Blattkritik] wird jetzt Tag für Tag und EM-angeheizt an der Umsetzung gefeilt. Erst die Zukunft wird zeigen, ob die Morgenleser weiterhin für ihre News bezahlen mögen. Auf alle Fälle ist mit Blick am Abend diese Marktnische noch besser besetzt als bisher mit «heute». Ob sich vielleicht News vom Morgen auf den Abend verschiebt, wenn am Morgen erst mal .ch zum Rückzug bläst?
Ich bin mir einfach nicht sicher, ob die Aufgabe des Brands „heute“ zugunsten von „Blick Abend“ wirklich mehr Werbeeinnahmen bringt. (Das dürfte ja der Grund des improvisierten Wechsels gewesen sein). Birgt die Angleichung nicht die Gefahr, dass sich Leser fragen: Warum soll ich für ein ähnliches Blatt am Morgen zahlen, abends aber nicht? Schreckt der „alte“ Brand „Blick“ nicht auch Leser ab, denen „heute“ bisher nicht als Teil von Ringier daherkam?
Die Redaktion fährt im neuen Layout. Die Auflage bleibt wegen der EM sicher hoch. Mal sehen, wie es dem Blatt im Spätsommer geht.