Journalismus wohin? Ehrliche Antworten von Cash und Newsnetz

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maz podium 08 referentenDas jährliche MAZ Medienpodium hat den Transmediajournalisten zum Thema gemacht. Dazu mutiert, wer im integrierten Newsroom zwischen Print-, Audio- und Video arbeitet. Mit fünf Referaten war der Abend transmedial überfrachtet – hier die interessantesten Learnings eines Professors, der Cash-Gruppe und von Newsnetz.

Gehört haben die Teilnehmenden gestern Abend auch noch vom spannenden Printprojekt nrc next aus Amsterdam – übrigens der lebendigste Beitrag des Abends. Aber das würde jetzt hier den Rahmen sprengen, meint der integrierte Newsroom des bernetblog. Mehr zum Abend  auf der MAZ-Seite.

Konvergenz ist komplex, teuer, kanaldifferenziert
Thorsten Quandt ist Professor für Journalistik an der FU Berlin und setzt sich seit über zehn Jahren mit Online-Journalismus auseinander. Seine Botschaft: Konvergenz ist komplex. Inhalte werden nicht einfach zusammengeführt – es kommt gleichzeitig zu einer Differenzierung: Inhalt lässt sich nicht „androgyn“ erfassen und verteilen. Audio-, Video- und Text-Inhalte werden auch im Online-Zeitalter spezifisch für die verschiedenen Kanäle hergestellt. Der Aufbau und Unterhalt integrierter Newsrooms ist kostenintensiv. Die Produktion der Inhalte, mediengerecht aufbereitet, bleibt teuer. Hinzu kommt ein besonderer Aktualitätsdruck aus dem Online-Bereich: Dieser Kanal muss als erster bespielt werden. Das setzt auch die anderen Team-Mitglieder in der integrierten Redaktionsstube unter Zeitdruck.

Fazit: Der integrierte Newsroom ist ein technisch kostspieliges Unterfangen mit hohen Investitionen auch in die dazu notwendige Veränderung der Organisation. Und mehr Einnahmen werden diese Investitionen gar nicht oder nur sehr beschränkt generieren.

Cash als First Mover – Rüdi Steiner hektisch aber ehrlich
Der Professor hat die Präsentation selbst zum Laufen gebracht, der integrierte Chefredaktor kämpft noch ein wenig mit den Tücken der Technik. Und in den Folien wimmelts nur so von Tippfehlern – das ist wirklich schade. Denn Rüdi Steiner überzeugt durch seine Offenheit. Er nimmt kein E-Paper vor den Mund und zeigt auf, wo Cash mit all seinen Plattformen steht und wo es noch viel zu lernen gibt. Die grösste Überraschung für mich: CashTV ist immer noch räumlich getrennt und die Kommunikation zwischen Hagenholz und Dufourstrasse sei ziemlich holprig.

Die Zahlen: Cash Online steht bei 2 Mio Visits und 270 000 Unique Clients pro Monat, als Printauflage erreicht Cash Daily 110 000. Grösser als erwartet ist die Nachfrage nach dem Live Paper, einer optimierten PDF-Version von Cash Daily: Von den 47 000 registrierten Lesern schaue die Hälfte sehr regelmässig rein.

Die nächsten Herausforderungen sieht der Chefredaktor erstens im Naming – ein Name für alle Kanäle und Endgeräte sei das erklärte Ziel. Dann soll der Aufbau einer Cash-Community verstärkt angegangen werden. Und man will semantische Ansätze für die Suche und Verbreitung der Inhalte einführen. Und all das mit einer steten Beta-Kultur: «Wir sind immer sehr stark in Bewegung, technisch, konzeptionell, inhaltlich. Das hat seine mühsamen Seiten – aber in dieser steten Bewegung will Cash sein und bleiben.»

Newsnetz: Auch mit Sonntagszeitung?
Über den Online-Auftritt von Berner Zeitung, Basler Zeitung und Tages Anzeiger berichten Res Strehle, stellvertretender Chefredaktor Printausgabe, und Michael Marti, sein Pendant für Newsnetz.ch. Vor zwei Jahren hat Res Strehle zum erstenmal an einer Sitzung zum Thema Ausbau des TA-Online-Portals teilgenommen. Bis zum eben erfolgten Start waren diverse Hürden zu überwinden – nicht zuletzt bis zum erfolgreichen Zusammenspiel von drei starken Regionalzeitungen. Denn schon beim ersten TA-Online-Business Plan wurde klar: Nur eine national ausgerichtete Plattform rechtfertigt die anstehenden Investitionen.

Michael Marti freut sich, dass er ein hohes Budget für die Plattform hat: «Ich denke wir haben die bestbezahlten Online-Journalisten der Schweiz.» Angestellt wurden vor allem erfahrene Printjournalisten – «…in zwei drei Wochen können sie Online, das journalistische Know-how kann man nicht so schnell vermitteln.» Heute arbeiten bei Newsnetz 27 Mantelredaktoren, mit 5 Mantelbetrieb-Technikern für die Produktion – im selben Raum, im selben Boot. Dazu kommen 6 Online-Redaktoren in Basel, Bern und Zürich. Plus im Hintergrund die ganze Printredaktion, deren selektiv übernommenen Inhalte sorgen für volle Newsnetz-Seiten zum Tagesanfang.

Die nächsten Herausforderungen sieht Res Strehle in fünf Bereichen:

1. Crossmedial ist man noch nirgends: Das Zusamenspiel von Print und Online in der redaktionellen Planung ist zurückgestellt, es soll später kommen.

2. Ausbau der regionalen Leistungen, auch Online will man in den Lokaljournalismus investieren.

3. Ausbau der integrativen Elemente: Kommentare, Leserdialog, Community weiter ausbauen.

4. Weitere Medien andocken: Thurgauer Zeitung und Bund bis Ende Jahr, Landbote im ersten Quartal 2009, später die elektronischen Medien. Die Sonntagszeitung sei noch in Diskussion, das Newsnetz hätte sie gerne mit im Boot.

5. Meistern des täglichen Spagats zwischen klassischem Journalismus und Qualitäten des Netzes. Das Netz ist jünger, frischer, unterhaltender. Und bewirke einen Kulturwandel, der beiden Redaktions-Seiten sehr gut tue.

Spannende Zahl zum Schluss: Nur etwa 11- 15 Prozent der Print-Leser seien  auch Newsnetz-Besucher, sagt Marti.

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