Hier sitze ich also. Mit über 2000 Teilnehmenden aus 46 Ländern. Und starre auf meinen Bildschirm. Am Echtzeit-Socialweb-Predigerkongress.
Ja, so sozial kann das Web sein – und ich schliesse mich bei dieser etwas ironischen Betrachtung keineswegs aus. Denn eigentlich könnte ich jetzt ganz sozial mit anderen interessanten Web-Enthusiasten einen Kaffee trinken. Aber nein, ich machs wie Robert Scoble (habe ihn früher für mein Buch interviewt) und blicke angestrengt auf meinen Bildschirm. Echtzeit-Socialweb-Asozial, sozusagen. Schliesslich bin ich Korrrespondent hier, offizieller Blogger. Liebes Publikum, hier erste Impressionen von der LeWeb09, fast ganz live aus Paris. 40’000 Personen hätten übrigens letztes Jahr den Livestream mitverfolgt.
Ethernet für Frühaufsteher
Der Tag beginnt wie am Skilift. Hätte ich die Tageskarte – besser: den Official-Blogger-Pass – schon, dann könnte ich wie andere am «Pöbel» vorbeispazieren und rein ginge es. Pech gehabt – und Glück zugleich. Denn dank frühem Aufstehen bin ich zuvorderst in der wachsenden Schlange. Auch die nächste Hürde nehme ich mit Grazie, denn beim Badge-Chaos helfen mir Glück und Insistieren. Alex Barrera aus Madrid (gestern Abend kennengelernt, Co-Blogger und Startupper) einen Platz in der zweiten Reihe reserviert, samt Ethernet-Anschluss. Wow, gleich hinter den reservierten Plätzen für TechCrunch. Die können locker eintrudeln.
Live vom Predigerkongress
Das Thema dieser zwei Tage ist das Echtzeit-Web. Etwas ironisch nenne ich das hier «Predigerkongress». Das gilt natürlich für alle Kongresse – wo sich immer diejenigen treffen, die an einem Thema besonders interessiert sind und es vorantreiben. Hier bin ich sozusagen als Jünger unter den Predigern des sozialen Echtzeitwebs. Alles soll noch dialogischer, schneller, echter werden. Die Referentenliste umfasst Facebook, Twitter, Nokia, Microsoft und weitere Schwergewichte. Also, wenn ich jetzt von hier zu stark «Hurra, alles wird gut» schrei(b)e, bitte ich um Nachsicht. Und kritische Kommentare.
Echtzeit ist im Web immer fast echt. Wir bewegen uns im Sekundenbereich was publizieren, lesen, finden anbelangt – Google hat mit der Realtime-Lancierung dieser Woche (Reuters-Artikel) einen weiteren Schritt hierhin getan. Ganz echt ist Zeit wohl immer nur im persönlichen Austausch. Und ganz selten merken wir, dass Jetzt Jetzt ist.
Mit predigenden Grüssen gehe ich jetzt doch noch Kaffee holen. Wer etwas Kongress-Morgenstimmung einfangen mag, schaut sich dieses Video an.