Die Legislaturperiode des Schweizer Parlaments endet im Herbst. Die Messer werden gewetzt. Seit dem Wahljahr 2007 hat sich Einiges verändert: Der Online-Kanal hat sich von der Kür zur Pflicht entwickelt. Wie ein erfolgreicher Wahlkampf geführt wird, beschreibt ein neues Buch.
Noch immer gehören politische Kampagnen zu den besten Social Media Praxisbeispielen. Der Obama-Wahlkampf ist Jahre her – aber heute noch (interessanter Blogbeitrag hierzu) beispielhaft. Im Wahljahr 2011 wissen auch Schweizer Rats-Kandidat/innen um die Unverzichtbarkeit dieser neuen Kanäle. Der Berner Polit-PR-Experte Mark Balsiger hat ihnen darum ein ganzes Kapitel seiner jüngst erschienenen Wahlkampf-Anleitung «Wahlkampf – aber richtig» (Website mit Bestelltalon) gewidmet.
Unter «Freunden» im Goldfischglas
Wahlkampf ist streng: Man stellt sich mit Flugblättern, Rosen oder Gipfeli in den Regen, tingelt durch Podiumsveranstaltungen und schaltet für ein Vermögen Inserate in der Lokalpresse. Laut Balsiger sind die Massen heute im Web einfacher, effizienter und günstiger anzusprechen. Bereits im Wahljahr 2003 hatte die Hälfte aller Politiker einen Webauftritt – die inhaltliche und formale Qualität blieb jedoch bis heute zweifelhaft. Die Kanäle sind zwar oft lückenlos aufgesetzt – meist jedoch in erbärmlich verwaistem Zustand. Weniger ist mehr, meint drum Balsiger, und empfiehlt einen fokussierten Einsatz von wenigen aber gut gepflegten Plattformen – am besten eine Kombination von Facebook, Blog und Twitter.
Social Media – aber nicht nur
«Gib mir eine Million Franken und ich mache aus einem Kartoffelsack einen Bundesrat», soll das verstorbene PR-Urgestein Rudolf Farner einst gesagt haben. Social Media mögen heute im In- und Ausland kleine und grosse Revolutionen auslösen. Sie sind aber immer nur Teil eines Ganzen – zwar unverzichtbar als Zündschnur und Brandbeschleuniger – aber schnell verraucht ohne Einbettung in ein Gesamtsystem. Balsigers Buch stellt auf 223 Seiten die ganze Klaviatur vor. Anhand von fünf Musterkampagnen veranschaulicht er seine 26 Wahlkampfs-Erfolgsfaktoren, eingeteilt in drei Pfeiler:
- Anker-Faktoren – langfristig, im letzten Jahr nicht mehr veränderbar
(Erfahrung, Image Partei, Vernetzung, …) - Engagements-Faktoren – in der Eigenverantwortung
(Unterstützer, Komitee, Wahlkampfteam, Geld, Engagement, …) - Verpackungs-Faktoren – mit Hilfe von Profis erreichbar
(Aussehen, Medienarbeit, Strategie, Online, Kampagne)
Wer diese Elemente geschickt einsetzt und miteinander verknüpft, hat am 23. Oktober Chancen bei den Schweizer Parlamentswahlen (Webauftritt, empfehlenswert). Die Anleitung von Mark Balsiger dazu ist übersichtlich, praxisnah und griffig. Mit Spannung erwarten wir die einzelnen Auftritte.
Weiterführend:
Buchrezension im Blog eDemokratie.ch
Weitere bernetblog-Beiträge zum Thema «Politik im Netz»
Seit einiger Zeit trage ich Politikern meine Feundschaft auf Facebook an. Ich finde es ernüchternd, wie wenig die Politiker kapiert haben, was Facebook ist.
Obwohl ich meine Tür weit aufgemacht habe und die Politiker, die ich wählen soll in meine gute Stube, lasse nimmt keiner mein Angebot wahr.
Keiner hat mich persönlich begrüsst, keiner hat mir seine Person und seine Idee vorgestellt.
Zwar haben alle Topshots der Schweizer Politik ein Facebookkonto, aber keiner arbeitet damit.
Darum meine Prognose: Social Media spielt im aufziehenden Wahlkampf keine Rolle.
Könnte mir durchaus vorstellen, dass dies für das Wahljahr 2011 noch eine richtige Prognose ist. Im direkten Kampf um Wählerstimmen. Aber als Zündschnur zur Lancierung von Themen sind YouTube, Twitter, Facebook und die Vernetzung der verschiedenen Plattformen durchaus schon dieses Jahr umtriebig. Und was dann in vier Jahren sein wird…