Wer am eigenen guten Geschmack zweifelt – oder sich dessen allzu sicher ist, sollte sich in «Böse Dinge» vertiefen. Die aktuelle Design-Ausstellung fordert den Geschmack ihrer Besucher heraus.
Ein Kerzenständer aus einem Hirschbein samt Huf und Fell, eine mit Shampoo gefüllte Plastik-Madonna, Pantoffeln in Genitalienform und eine ausgestopfte Maus auf Rädern. Hunderte von bösen Dingen wetteifern im Gewerbemuseum Winterthur um die Gunst der Besucher – fein säuberlich unterteilt in Kategorien wie Material-Missbrauch, Ornament-Wut oder Verstoss gegen die Nachhaltigkeit. Zu sehen ist «Böse Dinge» noch bis Ende Juli 2011.
Kitsch im Kontrast
Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Bei einigen der bösen Dinge habe ich mich gefragt, ob sie zurecht in Design-Ungnade gefallen sind. Auf alle Fälle fasziniert diese Ansammlung schaurig schöner Scheusslichkeiten – um so mehr als im zweiten Teil der Ausstellung als Kontrast klassisches Design aus verschiedenen Zeiten steht. Damit gibt die Ausstellung, ohne belehrend zu wirken, einen Hinweis auf Schönheit und Ästhetik.
Fido Adieu!
Im letzten Teil der Ausstellung kann jeder Besucher sein eigenes böses Ding mitbringen. In unserem Fall ein alter Wackel-Dackel. Wir entschlossen uns, ihn weder zur Adoption freizugeben, noch ihn in einen Verbesserungs-Workshop zu schicken und ihn auch nicht als Leihgabe auszustellen, sondern den munteren Kerl zu zerstören. Video ab…
Witzige, schockierende, bünzlige und hässliche Dinge zeigt das Gewerbemuseum Winterthur. Bei so viel schlechtem Geschmack stellt sich natürlich die Frage nach gutem Design. Eine Antwort gibt die Ausstellung nicht. Stilsicherheit ist eine wacklige Angelegenheit.
Beitrag zur Ausstellung bei SF Kulturplatz:
«Enzyklopädie des Ungeschmacks – über gutes und schlechtes Design»
Eine sehr spannende Ausstellung, in der Tat. Für den lesenden Menschen höchst vergnüglich nachzulesen sind die Grundlagen der Typologie des schlechten Geschmacks von Gustav E. Pazaruek unter http://de.wikisource.org/wiki/Geschmacksverirrungen_im_Kunstgewerbe . Sie waren für die Gestaltung der Ausstellung wegweisend.
Danke für den Link! Pazaurek mit seinen strengen Kategorien und seiner absonderlichen Sammlung, die er Anfang des 20. Jahrhunderts zusammen getragen hat, hat mich sehr amüsiert in der Ausstellung… Zum Beispiel das Bild aus Fischschuppen oder Schmuck aus Menschenzähnen.