Wie geht es den US-amerikanischen Medien? Die Gesamtanalyse von Pew Research zeigt erstmals mehr News-Konsum Online als Print. Und grosse Herausforderungen für Verlage zwischen Journalismus und Technologie.
Jedes Jahr veröffentlich das unabhängige Pew Research Center Project for Excellence in Journalism eine tiefgründige Gesamtanalyse des US-amerikanischen Medienmarkts. Die Studie «State of the News Media» bringt interessante Rückschlüsse für Verlage und Redaktionen; der bernetblog fasst auch dieses Jahr die wichtigsten Erkenntnisse zusammen. Der Bericht ist auf einer hervorragend gemachten Website verfügbar und enthält mehrere Zusatzanalysen.
Erstmals mehr News Online konsumiert
In den letzten zehn Jahren sind 1’000 bis 1’500 Stellen aus amerikanischen Zeitungs-Redaktionen verschwunden, was einem Abbau von 30 Prozent entspricht. 2010 hat auf der Einnahmenseite eine leichte Besserung gebracht, nach zwei schlimmen Vorjahren. Der Online-Konsum von Nachrichten nimmt weiter zu. Für die klassischen Medien wird damit der Spagat immer anstrengender – sie müssen zwei Plattformen finanzieren und vermarkten.
Zum erstenmal überholt der Online-News-Konsum (34 Prozent haben «gestern Nachrichten Online gelesen») den Zeitungs-News-Konsum (31 Prozent). Die seit 2004 erzobene Online-Fieberkurve nähert sich langsam der Fernseh-Linie; bei den 18-29-Jährigen lag Online schon 2010 vor TV. Die Good News für klassische Anbieter: Die wichtigsten Online-News-Quellen bleiben die Websites der grossen Zeitungen.
Mehr Werbe-Einnahmen, ausser für Zeitungen
Online schnappt sich den zweitgrössten Zuwachs in der Werbestatistik: Pew hat verschiedene Quellen zu einer Gesamtaussage verdichtet. 2009 hatten alle Balken ins Minus gezeigt – ausser einer minimalen Zunahme für Kabel-TV. Einzig die Print-Zeitungen leiden weiter, mit einem Minus von 6.3 Prozent.
Den Online-Werbemarkt dominieren Suchanzeigen mit knapp der Hälfte des Umsatzes, vor Bannerwerbung mit rund einem Viertel. Für die nächsten Jahre werden mehr inhaltsbezogene Anzeigen erwartet, gegenüber den generell platzierten Online-Banner (Online: Key Questions Facing Digital News). In der Printwerbung sanken die Rubrikenanzeigen seit 2010 um drastische 70 Prozent, am stärksten war der Rückgang in im Bereich der Stellenanzeigen (Newspapers: By the Numbers).
Verlage doppelt gefordert: Inhalte und Technologie
Verleger kontrollieren ihr Geschäft im Online-Bereich immer weniger: Zunehmend sind es Suchmaschinen oder Aggregatoren (Google, Bing, AOL usw.), Soziale Netzwerke (Facebook und andere), Werbevermittler oder Gerätehersteller (wie Apple), die sich in die Verwertungskette einmischen. Sie dominieren mit mehr oder weniger Offenheit den Zugang zum Endkunden – der für Inhalte bezahlt oder die Werbung sieht, für die andere bezahlen.
Wer weiss, was Kunden wünschen? Derjenige, der die Daten hat. Das sind heute eher die Tech-Unternehmen als die Verlage. Werden damit Marketing und Konsumentenanalyse wichtiger als Inhalte? Medienhäuser sind doppelt gefordert: Die Kernkompetenz Journalismus muss weiterhin gepflegt werden, sie sichert relevante Inhalte und eine klare Positionierung im härter werdenden Verdrängungskampf.
Auf der anderen Seite steht cleveres digitales Marketing, das Andocken an die richtigen Verwertungsplattformen. Technologisch werden Verlage weiterhin stark aufrüsten müssen – und wer eine starke Inhaltsmarke hat, wird die besseren Deals und Plätze in den Schaufenstern erhalten, die Apple, Facebook, Google oder andere aufbauen.
State of the Media im bernetblog:
Wo versteckt sich Rendite? (25.3.2009)
Weniger Geld, mehr Meinung (19.3.2010)
Alle Beiträge zu Medien im bernetblog
Wow, vielen Dank für diese kurze und sehr informative Zusammenfassung!