Wie frei können die Medien ihren Auftrag heute noch ausführen? Zum fünften Mal trafen sich Kommunikationschefs und -experten, CEOs, Chefredaktoren und Vertreter aus Agenturen und Verlag am Swiss Media Forum in Luzern. bernetblog war am Freitagvormittag dabei.
Diesen Vormittag erlebten die zirka 160 Gäste mit einem mulmigen Gefühl: da die Sicherheit im KKL nicht gewährleistet werden konnte, wurde der Anlass auf ein Schiff verlegt. Dies auf Empfehlung der Polizei, die das Sicherheitsrisiko bei einer Durchführung im KKL als zu hoch einschätzte.
Zu Gast am Freitagvormittag war Jorn Mikkelsen, Chefredaktor der dänischen Morgenzeitung Jyllands-Posten, die im September 2005 unter dem Titel «Das Gesicht Mohammeds» 12 Karikaturen veröffentlichte. Das Redaktionsgebäude gleiche heute einer Hochsicherheitsfestung, erzählte Mikkelsen. Die Redaktion wie auch einzelne Journalisten wurden in Folge dieser Veröffentlichungen wiederholt durch Extremisten zum Ziel von Anschlägen erklärt.
Jorn Mikkelsen wirkte im Interview mit Susanne Wille sehr überlegt, ruhig und selbstkritisch. Er betonte, dass sie bei der Jyllands-Posten vor zehn Jahren zu provinziell gedacht hätten: zu wenig über interkulturelle Themen wussten und nicht erkannten, wie global die Debatte über die Abbildung von Mohammed geführt wurde (mehr zum Thema: Wikipedia, «Mohammed-Karikaturen»).
Freiheit der Medien
Mikkelsen bereut heute die Veröffentlichung der Karikaturen. Bis zu 250 Menschen haben im Zusammenhang mit Demonstrationen ihr Leben verloren. Mikkelsen: «Die Veröffentlichung ist kein einziges Menschenleben wert.» Die Folgen hat die Redaktion unterschätzt. Seither hat sich für sie viel verändert. Alles im Zusammenhang mit Mohammed und Dschihad muss der Chefredaktion vorgelegt werden. Mikkelsen: «Wir haben teilweise kapituliert, das ist bedenklich.» Auf die Frage, wer die Schuld trage, meint er: «Schuld ist der, der die Gewalt ausübt.» Ist man für das Prinzip der Meinungs- und Äusserungsfreiheit, ist die Selbstzensur ein sehr schwieriges Instrument und die grosse Herausforderung für eine Redaktion, Mikkelsen weiter.
Klima der Angst
Susanne Wille fragte Mikkelsen, wie die Redaktion heute arbeite, ob kein Klima der Angst herrsche. Mikkelsen: Die Menschheit habe über viele Jahre gelernt, sich anzupassen. «Wir müssen realistisch bleiben, was Meinungsfreiheit heute, nach Charlie Hebdo, bedeutet», betonte er. Und man müsse sich immer wieder fragen: Wo stehen wir? Wie stellen wir uns der Situation? Und wie erfüllen wir unsere Mission? «Aber ich tappe manchmal im Dunklen», sagte er offen.
Sicherheitsbedenken am Swiss Media Forum
Warum das Forum im KKL gefährdet war, darüber gab die Luzerner Polizei gegenüber den Medien keine weiteren Angaben. Patrik Müller, Gründer und Programmleiter des Swiss Media Forums war es wichtig, dass alle Referenten auftreten konnten, wie er gegenüber SRF betonte: «Wenn man über Meinungsfreiheit diskutiert, wäre es unschön, wenn einzelne Referenten nichts sagen dürften.»
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