McKinsey: So funktioniert Web 2.0

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2.0Ende Februar haben die Unternehmensberater von McKinsey USA eine Studie über die Erfolgskriterien für Web 2.0-Anwendungen publiziert. Die sechs Thesen sind interessant für interne und externe Blogs, Soziale Netzwerke, Wikis.

Leider muss man registrierter Abonnent Korrigenda: Es genügt, wenn man sich beim «McKinsey Quarterly» registriert (Danke an Martin Koser für den Kommentar), um den Volltext dieser Studie zu lesen. Sie basiert nach deren Angaben auf Untersuchungen bei mehr als 50 Web 2.0-Früheinsteigern und einer Auswahl von Interviews mit Entscheidungsträgern. Die Befragten zeigen sich insgesamt zur gleichen Hälfte zufrieden oder unzufrieden mit ihrem heutigen Einsatz von Blogs, Wikis, Podcasts oder sozialen Netzwerken. Mehr zur gängigen Web 2.0-Definition auf Wikipedia.

Kritiker: Schwierige Anpassung, wenig Werte
Die kritischen Stimmen ärgern sich vor allem über organisatorische Hindernisse, das Unverständnis von Führungskräften für den notwendigen Wandel und die mangelnde Fähigkeit, aus Web 2.0-Werkzeugen wirklich Werte zu schaffen. Und weil derartige Investitionen oft als sehr unsicher eingeschätzt werden, enden Projekte oft kurz nach ihrer Einführung. Weil sie keine wirklich wertschöpfende Beteiligung erreicht haben. Oder weil die Verantwortlichen nicht in der Lage waren, diese Beteiligung bei Mitarbeitenden oder Kunden zu erreichen.

Erst Automation, jetzt Kooperation
McKinsey bündelt EDV-Entwicklungen in den Neunziger Jahren unter dem Stichwort «Automatisierung von Prozessen». Heute wird die Einführung von CRM- oder ERP-Systemen abgelöst durch das «Ermöglichen von Kooperation und Beteiligung». Interessant ist an dieser Gegenüberstellung die Tatsache, dass Web 2.0-Anwendungen einfacher und schneller einzuführen sind. Sie stören zwar die bestehende Struktur und fordern eine neue Kultur – aber technisch lassen sie sich relativ leicht über bestehende EDV-Strukturen legen.

Befürworter: Mehr Beteiligung
Kooperation und Beteiligung zapft kollektives Wissen an. Im Vergleich zu früheren Web 2.0-Erhebungen stellen die Berater fest: Dieser Nutzen führt trotz anfänglicher Frustrationen zu einer immer stärkeren Akzeptanz von Web 2.0-Anwendungen. Für die USA wird das aktuelle Investitionsvolumen auf eine Milliarde USD geschätzt. Was im Vergleich zu den übrigen Informatik-Aufwendungen bescheiden bleibt – doch trotz der aktuellen Rezession sieht McKinsey jährlich 15 Prozent Zunahme über die nächsten fünf Jahre.

Sechs Erfolgsfaktoren
Wie umschifft man die Web 2.0-Klippen mit Erfolg?

  1. Keine Veränderung an der Basis ohne Unterstützung von oben: Auch wenn Blogs, Wikis oder neue Begnegungsplattformen basisgetrieben sind – die Grasswurzel-Dynamik bleibt nur dann lebendig, wenn wichtige Vorbilder als Rollenmodelle fungieren.
  2. Benutzer haben die besten Ideen – und brauchen Hilfe: Oft bringt gar nicht das den grössten Erfolg, was sich das Management ausgedacht hat. Durch die Benutzer zeigen sich unerwartete Anwendungen, entstehen neue Prozesse. Die Herausforderung liegt darin, sie schnell zu erfassen und zu unterstützen.
  3. Keine Chance ausserhalb des Arbeitsalltags: Web 2.0-Anwendungen setzen sich nur dann durch, wenn sie in den täglichen Arbeitsfluss integriert sind. Ohne, dass man neue Programme starten muss, vernetzt mit den wichtigen laufenden Tätigkeiten.
  4. Setze auf das Ego und die Bedürfnisse der Nutzer: Es genügt nicht, wenn zum Beispiel interne Wiki-Beiträge mit einem Bonus belohnt werden. Mitarbeitende und Kunden machen mit, wenn es ihnen und vor allem auch ihrem Status etwas nützt.
  5. Fokussiere dich auf die Zielgruppe: Mitmachen ist freiwillig. Umso entscheidender ist der Fokus auf diejenigen Teilnehmenden zu konzentrieren, die Nutzen generieren und für sich selbst Nutzen sehen.
  6. Ausgleich von Kontrolle und Freiheit: Mitmach-Projekte leben von Basisdemokratie. Doch wenn die Prozesse zuwenig geführt werden, bringen sie genauso wenig Erfolg. Hier gilt es, die schwierige Balance zu finden zwischen Kontrolle und selbstorganisierter Mitwirkung.

Fazit: Dialog ist alles
In diesen sechs Anforderungen zieht sich für mich ein Thema durch – die Offenheit für interne und externe Beiträge, Ideen, Kommentare. Das klingt einfach und logisch, scheitert in der Praxis aber oft an Ängsten und Vorurteilen. Web 2.0 ist das Schlagwort fürs Mitmach-Web und mitgemacht wird nur dort, wo der Absender offen ist für eine authentische Konversation.

Weiterführende Beiträge:
Seminar Corporate Blogging – mehr Erfolg mit Web 2.0-Dialog
Weblog und Wiki im Firmeneinsatz: Folien und fünf Thesen
Studie Web 2.0: Enterprise 2.0 – Einsatz von Wikis und Weblogs in Deutschland

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Beiträge

  • «Ohne, dass man neue Programme starten muss» bleibt in naher Zukunft wohl noch ein Wunsch. Denn genau daran mangelt es bei vielen hochgelobten Webapplikationen. Die Verschmelzung verschiedener Werkzeuge bedeutet viel Aufwand und ist mit einem grossen Kampf gegen die Abschottungstendenzen der einzelnen Systembauer verbunden. Dennoch aber natürlich sehr zu begrüssen

  • Hallo Marcel,

    Ich finde diesen Blogeintrag von dir sehr interessant. Dass McKinsey 15% Zunahme jährlich über die nächsten 5 Jahre sieht, zeigt die Wichtigkeit von Web 2.0, finde ich.

    Eine Frage habe ich an dich: Wie kann man Offenheit fördern, damit noch mehr Menschen mitmachen?

    Gruss, Frank

  • @frank: 1. mit einer offenen grundhaltung (die auch mal schmerzt, unbequeme echos und situationen mit sich bringt), 2. mit wirklich interessanten inhalten für eine klar definierte zielgruppe (information, wissen, prozesse), 3. indem man nutzen und emotion verbindet – mitmachen tun menschen, denen es etwas bringt. das kann information oder sozialer austausch, prestige sein.

  • „Leider muss man registrierter Abonnent von «McKinsey Quarterly» sein, um den Volltext dieser Studie zu lesen.“

    So schlimm ist das gar nicht, die Registrierung ist kostenlos, zudem bietet das McK Quarterly immer wieder interessante Beiträge.

  • Ich muss hierbei nur eines Einwenden – Ich bin jetzt kein Profi oder so, aber meiner Meinung nacht müsste es in nächster Zeit sogar noch rapider ansteigen, als die genannten 15%? Oder was meint ihr? – Also ich bin schon fast überzeugt davon, dass diese Zahl noch untertrieben ist.

  • @andreas: ist immer eine frage der erhebung – irgendwo werden wohl alle it-entwicklungen was mit dialog zu tun haben, dann sieht die zahl anders aus. aber 15 prozent ist aus meiner sicht hoch in einer situation, wo it-investitionen eher stagnieren werden.

  • Wenn wertvolle Blogbeiträge von den Lesern wie Pflanzen ‚begossen‘, dh. positiv be-klick-wertet werden müssen, um nicht durch einen Zerfallsalgorhythmus zu ‚welken‘, dann vergeht Störendes oder einfach Rauschendes von selbst. Der Blog verdichtet sich durch -, und lebt von neuen, für relevant befundene Beiträge. Das Unvermeidliche, in Mengen störende, und Redundanz bewirkende Rauschen ‚verwelkt‘. Simpel und lebensnah.

  • @Marcel: Wir Suchen und Filtern in einer ständig wachsenden, speicherhungrigen Informationshalde. Die evolvierende Suchlogik der entsprechenden Anbieter, die in beträchtlichen Teilen durch Schnee von gestern pflügt, will nicht nur Strom, Hardware und Aufmerksamkeit; sie macht uns zu Datenmessies. Ein austariertes Zerfallskonzept verlangt von niemandem den simplen Klick auf einer Skala (der natürlich eine gewisse Missbrauchsresistenz aufweisen müsste).

  • Im Prinzip verhalten sich Menschen immer gleich, auch im „Web 2.0“, sie schaffen sich dort dieselben Strukturen wie außerhalb des Netzes. Mehr muß man eigentlich nicht wissen, warum wird darum soviel pompom gemacht?