Noch haben weblogs in der Schweiz den Stellenwert einigermassen exotischer und vorwiegend privater Internet-Tagebücher. Blogs – eine Spielerei einiger Internet-Cracks? Nicht nur. Immer mehr Firmen nehmen sie betreffende Weblog-Einträge ernst, und bereits kann die Blogger-Gemeinde auf erste konkrete Erfolge ihrer Einträge und Diskussionen hinweisen. Dies berichtet die Aargauer Zeitung in einer Übersicht (Artikel vom 7.2. nur bis 14.2. im online-Archiv gratis abrufbar) mit vielen Beispielen. Interessant scheint mir vor allem die Aussage der Medienrechtlerin Regula Bähler, die Weblogs auf dieselbe Stufe wie anerkannte Medien stellt. „Für Blogger gelten die gleichen berufsethischen Richtilinien wir für andere Medientätige“, wird sie in dem Beitrag zitiert. Das heisst, ein Blogger sollte bei schwerwiegenden Vorwürfen auch die Gegenseite anhören. Dies hat Thomas Brühwiler getan, der als bloggingtom.ch einen anerkannten Schweizer Blog betreibt. Wegen seinen Einträgen musste ein umstrittener Kreditkarten-Anbieter das Handtuch werfen.
Den Artikel gibts auch nach dem 14.2.2006 gratis auf meinem Blog zu lesen. (Natürlich mit Einwilligung des Autors)
Bzgl. ethischer Richtlinien hier ein Hinweis auf fair blogging.
Aber „für Blogger gelten die gleichen berufsethischen Richtilinien wir für andere Medientätige“ möchte ich mal bestreiten, insofern als Blogger keine Journalisten sind und deshalb auch keinen besonderen Schutz bzgl. Auskunftsverweigerungsrecht und dergleichen geniessen. Keine Pflichten ohne Rechte.
@Matthias: Mit Berufsethik ist hier wohl eher gemeint, dass die gemachten Aussagen auch überprüft werden sollten…
Hmm, jetzt hat cocomment wohl meinen Kommentar gegessen. Also schnell deaktiviert und ein zweiter Versuch.
Berufsethik ist ja ein sehr weiter Begriff. Ich denke deshalb, dass etwas wie die Erklärungen und Richtlinien des Presserats gemeint waren. Hier sind die Wahrheitssuche bzw. Quellenbearbeitung ein Teil des Ganzen.
Selbstverständlich ist es im Interesse der Glaubwürdigkeit, dass ein Blogger überprüfte und auch überprüfbare Aussagen macht. Allerdings auch hier: Das ist für die meisten von uns ein Hobby, nicht ein Beruf.
Und ich persönlich habe etwas Mühe damit, wenn Ansprüche an uns herangetragen werden, die von den Medien selbst nur allzu oft nicht erfüllt werden. Das scheint mir nur ein weiterer Vereinnahmungsversuch zu sein.
Natürlich bloggen die meisten nur als Hobby, allerdings entbindet dies ja nicht von der Überprüfung der gemachten Aussagen. Dass viele Aussagen in Blogs vielleicht etwas tendenziöser sind als bspw. in Tageszeitungen, wird man uns Bloggern aber sicherlich auch zugestehen.
Aber ich muss zugeben, dass ich meist lieber nichts schreibe, als unüberprüfte Aussagen zu machen, denn eigentlich ist es ja wie im richtigen Leben: Man erzählt ungern etwas unwahres.
Wenn ich mir die Erklärungen und Richtlinien des Presserates anschaue, dann kann ich darin, auch in Bezug auf mich, eigentlich gar nichts negatives sehen. So weit ich das überblicken kann, halte ich mich schon jetzt an diese Richtlinien, ohne diese (jaja, ich gebs ja zu) je gelesen zu haben. Irgendwie sind die dort genannten Regeln für mich persönlich eigentlich selbstverständlich, insofern habe ich kein Problem damit, wenn so etwas mehr oder weniger von mir „verlangt“ wird.
Die Einstellung dass Ansprüche, welche an mich „herangetragen“ werden, nur deshalb ablehne, weil „die von den Medien selbst nur allzu oft nicht erfüllt werden“, macht mich hingegen etwas nachdenklich. Nur weil sich nicht alle im Detail daran halten (wer entscheidet das?), heisst das ja noch lange nicht, dass ich mich nicht daran halten soll/muss/kann…
Tom, ich sage nicht, dass ich die Ansprüche ablehne. Und ich sage auch nicht, dass ich sie ablehne, weil sie von den Medien nicht erfüllt werden. Was ich sagen wollte ist eben, dass diese Ansprüche von aussen an uns herangetragen werden; von einer Juristin, die (soweit ich das in Erfahrung bringen konnte) bisher noch nichts über Blogs publiziert hat und das Thema wohl nur aus der Perspektive des Journalismus, d.h. aus Blogsicht von aussen, kennt. Dass diese Ansprüche von den Medien selbst nicht erfüllt werden, ist dabei ein Teilaspekt, bei dem es -wieder- um Glaubwürdigkeit geht.
Interessant ist ja auch, dass die Medien immer zwischen Ablehnung und Hype schwanken, aber dabei regelmässig darauf pochen, dass Journalismus besser, seriöser, etc. sei als Blogs. Am deutlichsten wird hier eine heile Welt des Journalismus behauptet, die so nicht existiert. Da muss ich doch nur am Morgen die Zeitung aufschlagen, um festzustellen, wie weit Anspruch und Wirklichkeit auseinanderklaffen.
Aber darum geht’s mir ja eigentlich gar nicht… für mich stellt sich eher die Frage, ob wir uns wirklich als „Medientätige“ (was auch immer damit genau gemeint sein mag) verstehen wollen. Das ist etwas, das zumindest ich eher verneine. Da würden eben -wie in meinem ersten Kommentar erwähnt- mehr Rechte dazugehören, als wir jetzt haben. Und die will ich gar nicht :-).
@matthias, @tom – wird jede/r vereinnahmt, der/die publiziert? das wäre für mich die spannende frage. muss man, wenn man irgendwo hin steht und seine meinung kund tut, gewissen kriterien genügen? „müssen“ ist wohl der falsche begriff. man darf, wenn man sich selbst eine richtschnur legt. die etablierten medien publizieren meist aus einem prozess, mit richtlinien, hierarchien, kontrollen. und sind trotzdem nicht immer so objektiv, wie sie sein möchten. blogger dürfen alles. aber wenn man sich zeigt, dann muss man in kauf nehmen, dass man kritisiert, bewertet, beurteilt wird. was man dann annehmen oder ablehnen kann. ausser es wird gerichtlich, da sind wir ja gespannt…