Der Tages-Anzeiger diskutiert den Tod von Facebook. Und sitzt damit dem neusten Hype auf. Facebook wird erwachsen, gestorben ist es noch lange nicht.
Lange haben die Medien Facebook bejubelt. Das zieht nicht mehr. Jetzt wird das Netzwerk zu Tode verurteilt. «Wir langweilen uns gegenseitig: Der Tod des hippen Facebook», titelt der Tages-Anzeiger Online. Spannend sind die Kommentare, die der Artikel auslöst. Und ja, ich merke selbst, wie Facebook für mich an Attraktivität verliert, seit sich dort auch meine Schwiegermutter in spe, Arbeitgeber und Kunden tummeln. Für mich hat Facebook heute einen Stellenwert wie Xing vor fünf Jahren. Es ist wichtig, dabei zu sein – aber hip ist Facebook nicht (mehr).
Der Reiz des Neuen ist vorbei
Trotzdem: Ist es nicht völlig normal, dass der Hype mit der Zeit nachlässt? Die gesteigerten Erwartungen münden in Enttäuschung, die «hippe» Technologie wird zum Mainstream. Mir kommt es fast vor, als sei es der neuste Hype, den Tod von Facebook zu verkünden. Die Stichwort-Kombination «Tired of Facebook» erreicht auf Google bereits 300’000 Treffer, die ersten Einträge datieren von 2007. Web 2.0 durchläuft gerade eine Phase der Desillusionierung, wie auch die Marktforscher von Gartner in ihrem Hype-Cycle feststellen. Und was kommt danach?
Der lange Weg zum «Plateau der Produktivität»
Der Hype-Cycle von Gartner bewertet regelmässig die IT-Trends. Im Trend 2009 sind zum Beispiel Cloud Computing, E-Books und Internet-TV. Social Software und Microblogging haben gemäss Gartner den Zenit bereits überschritten. Gartner geht dabei von einem gleich bleibenden Zyklus aus, den neue Technologien durchlaufen. Auf den Hype folgt die Ernüchterung, und langsam wird erkannt, wo eine neue Technologie realistisch einsetzbar ist. In der nächsten Phase wird die Technologie zunehmend eingesetzt, bis sie zuletzt zum Alltag gehört und die Produktivität steigert. Gartner bezeichnet die Phasen des Hype-Cycle als «Technology Trigger», «Peak of Inflated Expectations», «Through Disillusionment», «Slope of Enlightment» und «Plateau of Productivity». Unterschiedlich ist lediglich die Zeitspanne, die die Technologien in den einzelnen Phasen verbringen. Die Studie ist bei Gartner nicht frei zugänglich; eine Zusammenfassung gibt computerwoche.de.
Geht es nach Gartner, erreicht Web 2.0 in weniger als zwei Jahren die Phase der Produktivität. Ich bin gespannt. Und ich frage mich, was Gartner alles zu Web 2.0 zählt. Persönlich konnte ich zum Beispiel meine Produktivität dank Facebook (noch) nicht steigern – im Gegenteil. Spass macht es trotzdem, den weltweit 250 Millionen registrierten Usern durchs Schlüsselloch zu schauen. Im Artikel des Tages-Anzeigers lese ich, dass Bill Gates sein Profil auf Facebook gelöscht hat – er hatte einfach zu viele Freunde, heisst es. Vielleicht waren es die falschen Freunde?