Das Mitmach-Web schreckt Banker auf: Konkurriert Social Banking die etablierten Institute? Sind Google und Facebook gar die besseren Banken? Oder bleibt alles beim steten Ausbau des Online-Banking?
«Die Bank sind wir» heisst ein auf Mai angekündigtes Buch zu Social Banking. Dass dies kein Hirngespinst ist, zeigen Beispiele: Zopa hat seit 2005 alleine in Grossbritannien 70.5 Millionen Pfund an Darlehen vermittelt. Smava kommt in Deutschland seit 2007 auf 25 Millionen Euro, die von über 10.000 Anlegern an rund 3.500 Kreditnehmer gingen.
Drei Stufen der Evolution bedrohen Margen und Marktanteile der Banken: 1. Online Banking, 2. Social Banking, 3. Facebook, Google, Sonstwer. Die dritte Stufe scheint im Augenblick noch die visionärste, auf Stufe eins startet gleich Wegelin durch und Stufe zwei ist schon ziemlich verbreitet.
1. Online Banking: Wegelin gibt Gas
Wegelin & Co. legt Wert darauf, die älteste Bank der Schweiz zu sein, gegründet 1741. Jetzt setzen die Banquiers das «e» auch vors Private Banking: Am 29. April wird die Nettobank den Medien präsentiert. Die privat haftenden, klassischen Vermögensverwalter verkaufen über diese getrennte Aktiengesellschaft «konsequentes ePrivate Banking». Damit investieren sie ihre Reputation in eine reine Online-Lösung.
Online Banking hat ein Potenzial, das über das heute Verbreitete hinaus reicht. Finanzinstitute werden die Online-Abwicklung und -Beratung weiter ausbauen. Der elektronische geführte Kundendialog und die Online-Präsenzzeiten weiten sich aus. Für die persönliche Begegnung bleibt weniger Zeit. Wo sie noch gesucht ist, gewinnt sie an Bedeutung für Image und Bindung.
2. Social Banking: Tummelfeld für neue Spieler
Öffentliche Kommentare oder direkte Kunden-zu-Kunden-Kommunikation sind nicht gerade das, was etablierten Finanzinstituten einfällt. Deshalb kommen viele Social Banking-Beispiele von Neugründungen. Zu den bekannteren Beispielen zählen Fidor und Noa, beide getragen von umtriebigen Gründern. Matthias Kröner vermittelt die Fidor-Vision in engagierten Vorträgen (Vimeo), François Jozic lächelt auf beinahe jeder Noa-Seite in die Kamera. Website, Blogs, Facebook, Twitter, YouTube und Flickr werden im Verbund eingesetzt für Kundenpflege und -gewinnung.
Unter den etablierten Häusern spielt die GLS Gemeinschaftsbank eine Pionierrolle: Das Institut gilt als Deutschlands führende Ökobank, 1974 von Antroposophen gegründet und heute Teil des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken. Vorbildliche Twitter-, Blog– und Facebook-Auftritte erweitern den Kunden- und Absatzdialog.
Stark diskutiert wird die Abbildung ganzer Finanzberatungs- oder Abwicklungsprozesse auf Facebook. Auch wenn 411 Millionen Nutzer auf dieser Plattform sitzen: Die Eignung über Dialoge hinaus ist fraglich. Hier warten Sicherheitsprobleme, neue Phishing-Versionen und die Unsicherheit über laufende Systemänderungen seitens Facebook.
3. Wäre Facebook die bessere Bank?
1996 hat Bill Gates mit «Banking is essential, Banks are not» Phantasien über Microsofts Pläne und andere IT-Quereinsteiger angeregt. Seit Mitte 2009 experimentiert Facebook mit «Credits»: Nutzer können via Kreditkarte oder Mobiltelefon Geld hochladen und für Einkäufe auf der Plattform einsetzen. Wie weit weg ist Facebook von der Idee einer eigenen Bank von Freunden? Wäre Google noch besser? Jeff Jarvis hat dieses Thema 2008 in «What Would Google Do?» aufgegriffen (Google ist Kunde von Bernet_PR).
Rund ums Banking gibts eine Reihe von weltweit unterschiedlichen Regulierungsfragen, die den Markteintritt erschweren. Wer würde sein Geld einem Technologiekonzern oder einer Sozialen Plattform anvertrauen? Vielleicht ist das auch eine Generationenfrage. Oder der richtigen Verbindung von Technologie und Reputation.
Weitere Links:
The Independent über Zopa, 8.3.2010
Ratenkredit-Anbieter.de zu Smava 30.3.2010
Lothar Lochmaier zu Banken auf Facebook 15.2.2010
Dirk Eisner zu Web 2.0/Finanzbranche 23.3.2010
Zum Thema passend ist auch das neue Buch „P2P Kredite – Marktplätze für Privatkredite im Internet“