Heute abend berichte ich vom MAZ-Medienpodium zum Thema Medienkonvergenz. Edward Roussel ist Online Editorial Director des Daily Telegraph in London und er berichtet von einigen interessanten Aspekten der Medienrevolution beim 150 Jahre alten Traditionsblatt.
«Medienkonvergenz oder das neue Rollenverständnis in den Köpfen der Multimediamacher» lautet der Untertitel dieses Mediapodiums am Medienausbildungszentrum MAZ in Luzern. Gerade hat Hugo Bigi als Moderator darüber berichtet, dass Facts eingestellt (NZZ-Online-Link) (mehr dazu im TA-Link) wird – wegen hoher Verluste. Spannend, wenn man hier heute abend sieht, wieviel die Redaktionen in die weit fortschreitende Integration von Online- und Print-Ausgaben samt digitalem Vertrieb investieren.
Edward Roussel ging nicht auf die Kostenseite ein – für ihn ist die Umstellung auf Online und Multimedia eine grundlegende Revolution des Journalismus, der sich jeder Verlag stellen muss. Diesen Wandel hat der Daily Telegraph lange vor sich hergeschoben und eben heftig nachvollzogen: «150 Jahre lang hatten wir denselben Namen, als äusseres Zeichen des Multimedia-Wandels heissen wir jetzt Telegraph Media Group.»
Der Daily Telegraph hat den Weg zu einem integrierten Newsroom gewählt – im Gegensatz zum Beispiel zur Washington Post, die erfolgreich Online- und Printredaktion sogar an verschiedenen Standorten führt. «Jeder Verlag muss seinen eigenen Weg gehen, es gibt kein Patentrezept.» Die Vorteile sieht Roussel in drei Punkten:
1. Alle Redaktoren arbeiten für EIN Unternehmen, EINE Publikation
2. Im Vordergrund stehen die Leser, EIN Newsroom optimiert den Fokus auf sie
3. Die Frage: «Wer liest was wo?» kann schneller und effizienter beantwortet werden, zur entsprechenden Aufbereitung der Inhalte
Der grosse Treiber hinter dem aktuellen Online- und Mobil-Boom sei der Boom der Breitband-Anschlüsse. Und interessanterweise lagen 2006 in England die Online-Werbeeinnahmen erstmals höher als die Inserate-Einnahmen der grossen nationalen Zeitungen.
Einen wichtigen Vorteil der massiv ausgebauten Online-Aktivitäten und des gemeinsamen Newsrooms sieht Roussel in der Auswertung: «Heute beginne ich meinen Tag mit der Analyse der meist abgerufenen Online-Artikel, den verwendeten Suchbegriffen und einer Übersicht der eingegangenen Kommentare. All das hat einen wesentlichen Einfluss auf die Themenwahl und Ausgestaltung von Print- wie Online-Ausgabe.»
Spannende Zeiten, mit grossen Veränderungen. Mich persönlich erstaunt, dass die Washington Post mit getrennten Redaktionen arbeitet. Denn die Koordination der Mittel für die Produktion von Inhalten für Zeitung, Computer, Handy oder iPod ist sicher zeitkritisch und kostensparend.
Mehr zum MAZ-Mediapodium 2007 steht hier:
http://www.maz.ch/aktuell/news/280.asp
@frank: gerne zitiere ich aus deinem beitrag die für mich interessantesten learnings – die von ueli haldimann, chefredaktor sf:
Aus Haldimanns «Learnings»: Ganz wichtig seien die räumliche Nähe, ideal ein Newsroom, Face-to-Face-Situation, gemeinsame Sitzungen, Social events. «Die Strategie muss auf Management-Ebene absolut klar sein. Keine Kämpfe um Macht und Ressourcen zwischen [online- und anderen] Abteilungen zulassen. Keine Nachsicht bei kooperations- oder konvergenz-renitenten Traditionalisten und Bedenkenträgern.» Zwingend sei ausserdem, dass das Online- und das traditionelle Angebot der publizistischen Verantwortung einer Person unterstellt sei.