«Verleger fordern Qualität im Journalismus» – mit diesem Titel haben wir am 6. Februar über den Communication Summit in Zürich berichtet. Diesen Beitrag hat der ehemalige Cash-Chefredaktor Fred David am 29. Februar lesenswert kommentiert. Und eine Brücke geschlagen zum Kommentar-Rückzieher der NZZ.
Fred David ist heute freier Journalist, er war Chefredaktor von Cash und unter anderem tätig für Weltwoche, Profil und Spiegel. Sorgen macht er sich um das Qualitätsengagement der Verleger:
Das übliche Gerede von “Qualitätsjournalismus”. Die “Kraft der guten Geschichte” (Daniel PiIllard von Ringier). Klingt alles super. Die Realität ist aber eine völlig andere, wie Konsumenten wie Macher wissen. Nur die Verleger offensichtlich nicht.
Qualität kostet zunächst einmal Geld. Sie kann sogar zu Einnahmenminderungen führen (Inseratenentzug). Es braucht vor allem aber Leute, die Qualität nicht nur umsetzen wollen, sondern auch können. “Gute Geschichten”, wachsen nicht auf Bäumen, geschätzter Daniel Pillard. Es ist ein langer, zäher, teurer und oft lästiger Prozess, jenes Umfeld zu schaffen, wo solche Journalisten gedeihen, die die geforderten – und gerade in der verfilzten Schweiz notwendigen – Geschichten kontinuierlich liefern können. Dieses Umfeld sehe ich in keinem Schweizer Verlag – nicht einmal mehr bei der NZZ.
Beispiel: Gestern bestätigte die NZZ, dass sie einen kritischen Kommentar ihres Autors Beat Brenner über die UBS aus Archiven und Datenbanken tilgen liess. Der Kommentar ist keineswegs ehrenrührig, sondern weist sachlich auf Misstände bei der UBS hin, wenn auch ohne die bei diesen Themen NZZ-üblichen Weichspüler-Floskeln.
Abgesehen davon, dass es absurd ist, im Zeitalter von Internet solche Kommentare ungeschehen machen zu wollen (ist die UBS wirklich so naiv?), wie will denn die NZZ noch ernst genommen werden, wenn sie schon beim geringsten Gegenwind aus obersten Banketagen derart blamabel einknickt?
Wenn eine Schweizer Zeitung Mumm hätte, würde sie diesen Kommentar von Brenner nachdrucken, mit Quellenhinweis und der Geschichte drum rum. Die Leser wären dankbar für diesen Blick hinter die Filzkulisse.
Dass so etwas nicht geschieht, ist ein Spiegelbild über den Zustand des Schweizer Journalismus. Seine Unabhängigkeit hat er völlig eingebüsst – zu einem erheblichen Teil selbstverschuldet.
Da wirken Podiumsdiskussionen über die “Qualität im Schweizer Journalismus” wie lauwarmes Gefasel.
Bedrückend ist, dass in der anschliessenden Diskussion “nur erstaunlich wenige und handzahme Fragen” kamen. Da sassen offensichtlich zahlreiche Journalisten und Verlagsleute im Publikum. Auch viele Studenten. Was sind denn das für höseligtöselige Flaschen, wenn sie nicht einmal eine solche Gelegenheit wahrnehmen, um eine ordentliche Diskussion in eigener Sache zu führen!
Das soll die Zukunft des “Schweizer Qualitätsjournalismus” sein?
Original-Beitrag «Communication Summit: Verleger fordern Qualität im Journalismus»
Fred David hat Recht, wie insbesondere die Desinformationsflut der Schweizer Medien im Zusammenhang mit den Banken in den letzten Wochen zeigt … wenn die NZZ eine harmlose Glosse zensiert, wie geht sie wohl erst mit relevanten Inhalten betreffend CS, UBS, usw. um?