Drei sonnige Pfingsttage erwarten uns. Stunden am See, in der Hängematte, unter dem Sonnenschirm. Hier der Bernet-Literatur-Tipp mit (Ent-)Spannungs-Garantie. Über einen, der auf die Bäume stieg und ein ganzes Leben nie mehr runter kam.
Ich habe das Buch im letztwöchigen Urlaub an der italienischen Küste in einem Rutsch durchgelesen. Und dort spielt der Roman «Der Baron auf den Bäumen» des italienischen Schriftstellers Italo Calvino (1923-1985). Die Handlung in Kürze: Irgendwann zu Napoleons Zeit beschliesst in einer italienischen Grafschaft der 12-jährige Spross einer Edelsfamilie fortan in den Baumkronen zu leben und nie mehr einen Fuss auf die Erde zu setzen. Er hält den Schwur und nicht einmal zum Sterben steigt er – gut 50 Jahre älter – hinunter.
Es ist die oppulent, humorvoll, ergreifend, romantisch, fantastisch erzählte Geschichte über einen «Abgehobenen», über einen Verweigerer. Trotz oder grad wegen seiner Verrückt- und Entrücktheit wird er zum Volks- und Frauenheld, zum Robin Hood der Baumkronen, zum Literat und zum Beobachter des kleinbürgerlichen Lebens mit Bodenhaftung.
Was mich faszinierte: Dieser absolute Entschluss für den eigenen Weg. Hier die räumliche und «weltanschauliche» Distanz und dort immer wieder das Engagement des Barons für seine Mitmenschen «unter» ihm. Der Text oszilliert vom Abenteuer-Roman zum Märchen und zur romantischen Komödie. Ich bin kein Bücher-mehrfach-Leser. Aber diese Geschichte vereint eine solch grosse Interpretationsvielfalt mit sprachlicher Schönheit und Unterhaltungswert, dass ich hier dann vielleicht mal eine Ausnahme mache.
Links:
– kluger Aufsatz «Calvinos politischer Roman vom Baron auf den Bäumen»
– Der Baron auf den Bäumen bei Amazon
– mehr über Italo Calvino (Wikipedia)