Diesmal stelle ich in unserer Serie Blogger-im-Profil einen Podcast vor: Der Digitalk ist das einzige Podcast-Angebot des Tages-Anzeigers und wird mit viel Leidenschaft produziert von den Tagi-Redaktoren Matthias Schüssler und Roger Zedi (im Bild links beim Anstossen auf eine Jubiläums-Sendung).
Ich hatte diese Woche die Gelegenheit dem Digitalk mit LeShop-CEO Christian Wanner beizuwohnen (und verstosse damit gegen unsere Blog-Regel, nicht über eigene Mandate zu bloggen). Dabei fiel mir das grosse Engagement und die persönliche Prägung der beiden Hosts auf. Schüssler und Zedi haben mir unsere 3 Bloggerprofil-Fragen beantwortet:
Wieso podcastet Ihr?
Schüssler: Wir hatten vier Gründe, als wir uns im Oktober 2006 auf das Abenteuer eingelassen haben:
1. Pioniere sein
Wir wollten diese neue, tolle technische Möglichkeit nicht ungenutzt lassen. Das war eine spannende Chance für ein Pionierprojekt, bei dem nicht alle schon ganz genau wissen, wie es geht.
2. Einen neuen Kanal öffnen
Es ist ein neuer, sehr direkter Kanal zu unserem Publikum: Podcast-Hörer sind äusserst interessiert, engagiert und neuen Technologien aufgeschlossen. Podcasts persönlicher und emotionaler als die Zeitung, wo wir zu Nüchternheit und Sachlichkeit verpflichtet sind. Gerade sehr technische Themen können wir hier «menschlicher» abhandeln als in einem trockenen Artikel.
3. Konzeptionelle Abgrenzung zum Print
Die «Digital»-Seiten im Tages-Anzeiger wurde in die «Leben»-Seite integriert. Damit mussten wir unser Konzept anpassen: Die Artikel wurden kürzer und die technischen Themen passten nicht in den Mix mit Reisen, Lifestyle und den Sozialthemen. Diese können wir jetzt im Podcast abhandeln – wir können sie noch ausführlicher und intensiver beackern.
4. Ein neuer Blickwinkel
Wir gehen die Theme anders an: Freier, informeller, fragmentarischer, subjektiver – es ist kein Problem, im News-Teil des Podcasts ein Ereignis kurz anzudiskutieren und die wesentlichen Dinge aufs Tapet zu bringen.
Zedi: Ich podcaste, weil ich selber ein grosser Podcast-Fan bin – auf meinem iPod bestreiten Podcasts (und Hörbücher) sicher 90 Prozent meines Konsums. Zudem ist es eine willkommene Abwechslung zum Schreiben.
Was ist die wichtigste Podcast-Erfahrung?
Schüssler: Wie wichtig Vorbereitung und wie gross der Aufwand ist. Dass wir mit dem Tagi im Rücken nicht drauflos dilettieren können, war uns klar. Darum haben wir uns von Anfang an um Qualität bemüht. Trotzdem denkt man am Anfang, wenn man es nur schafft, ein locker-flockiges Gespräch in Gang zu bringen, hätte man einen perfekten Podcast auf sicher. Falsch; der Aufwand bei für Vorbereitung, Gespräch und Postproduktion ist beachtlich.
Zedi: Dass ein Interview zu führen etwas ganz anderes ist, wenn man es anschliessend schriftlich produziert, als wenn man es (nahezu) 1:1 als Audiodatei auf die Welt los lässt. Dass meine Stimme nicht ganz so schlimm ist, wie ich früher dachte. Dass eine Episode nur so gut ist, wie die Vorbereitung und die Gäste, also dass ein guter Digitalk immer eine Teamleistung ist.
Euer grösste Podcast-Wunsch?
Schüssler: Noch mehr Hörer! Aus unserer Sicht ist bedauerlich, dass Radio und Fernsehen das Medium Podcast dominieren, indem sie mit Sendungen ins Netz stellen, die sie (mit Gebührengeldern) produzieren. Aus dieser Flut herauszustechen, ist schwierig. Auch weckt das bei den Hörern teilweise überzogene Qualitätsansprüche. Wir haben technisch viel gelernt, klingen aber nie so perfekt wie eine SRG-Studio-Produktion.
Zedi: Für unseren Podcast noch mehr Hörer, für den Tagi noch mehr Podcasts. Und für Podcasts generell, dass sie das Medium noch etwas mehr ausnutzen, also Bilder integrieren, Kapitel setzen (darauf bin ich besonders stolz am Digitalk) und Web-Links integrieren.
Mein Fazit:
Der Digitalk hat wachsenden Erfolg. Der Podcast wird regelmässig von hunderten von treuen HörerInnen heruntergeladen. Rekord-Sendungen brachten es gar in den niedrigen 5-stelligen Bereich. Mir zeigt der Digitalk, was für Profilierungs-Möglichkeiten in diesem Kanal steckt: gerade für eine «Special Interest»-Redaktion. Es zeigt aber auch, dass erfolgreiches Podcasting viel Zeit und Kraft braucht. Und dass jeder Podcast ein sauberes Konzept und viel Vorbereitung braucht. Als Highlight erwähnt Matthias Schüssler die Zuhörer-Aktion mit «Fotos beim Anhören des Podcasts».