FAZ-Geschäftsleiter Tobias Trevisan hat an der Dreikönigstagung der Schweizer Verleger sein Konzept einer semantischen Web-Applikation präsentiert. Was will sein Verlag damit erreichen? Wie arbeiten Print und Online bei der FAZ zusammen? Sind die FAZ-Blogs erfolgreich? Hier der zweite Teil des blogsofa-Interviews.
Überrascht hatten mich bei der Vorbereitung des Gesprächs die vielen Blogs auf der Startseite von faz.net. Kommentare sind nur möglich, wenn man sich zuerst registriert, die Registration bestätigt und sich dann einloggt.
Herr Trevisan: Funktionieren die Blogs?
Ja, wenn sie prominent platziert sind. Da liegt für mich wohl die Hauptherausforderung für den Online-Bereich: In der Navigation. Wie alle Online-Redaktionen haben auch wir das Problem, dass die Startseite immer länger und immer voller wird. Wir haben kürzlich nachgezählt – es sind mittlerweile 350 Infos drauf.
Haben Sie ein Konzept für den Umgang mit Kommentaren? Wird rück-kommentiert?
Dafür gibt es keine Vorgabe, das ist Sache des Redaktors. Sie geben die Kommentare auch frei, wir schalten sie erst nach einem Gegenlesen auf. Bewusst in Richtung Dialog gehen wir im sogenannten Lesesaal. Mit dieser Community rund um Bücher und Lesen suchen und begleiten wir den Austausch aktiv. Damit haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht und da wollen wir auch weiter gehen.
Economist, Wall Street Journal oder Financial Times sind auf Facebook – die FAZ?
Nein. Und das planen wir auch nicht. Wenn Communities, dann auf unserer eigenen Plattform. Ich sehe auf Facebook oder StudiVZ für unsere Marke noch zu wenig Zielgruppen-Nähe. Und der zusätzliche Aufwand einer externen Plattform generiert keinen Ertrag.
Wie arbeiten Online und Print auf der Redaktion zusammen?
Wir befinden uns hier, wie viele Verlage, in einer steten Übergangsphase. Print- und Online-Redaktorinnen und Redaktoren arbeiten in den selben Räumen, mit der selben Führung. Einige Printjournalisten schreiben auch Online-Beiträge, andere bleiben bei Print. Die Online-Redaktoren in den Ressorts haben den Lead für den Online-Teil, sie holen sich je nach Bedarf die Information intern bei Spezialisten, koordinieren sich mit Print.
Wieso öffnet die FAZ das Printarchiv nur gegen Entgelt?
Weil wir damit Geld verdienen. Weil da sehr viel Wissen, Qualität, Arbeit drin steckt. Wir verkaufen diese Inhalte an zahlende Abonnenten, an Wissensdatenbanken, an Unternehmen und Organisationen für ihre Intranets oder Presseschauen. Es macht keinen Sinn, dass wir das Printarchiv öffnen, nur um damit ein paar Suchabfragen mehr auf faz.net zu locken. Mehr Traffic um jeden Preis kann nicht die Strategie eines Qualitätsverlags sein. Vor allem dann nicht, wenn dies nicht zu zusätzlichen Erlösen führt.
Sie sprechen von semantischen Suchmodellen – was heisst das für die FAZ?
Dahinter steht der Schritt zu Web 3.0 und die Idee, dass wir die stets wachsende Vielzahl unserer Inhalte in einer Datenbank hinterlegen, die alles immer wieder neu organisiert. Und zwar in Bezug auf semantische, also sprachliche Merkmale – und diese immer verknüpft mit den häufigsten Suchabfragen und den gängigen Navigationswegen durch den ganzen Inhalt. Der Inhalt wird also nicht nur alphabetisch oder chronologisch geordnet. Sondern auch nach Zusammenhängen, die sich aus Sprache und Nutzerverhalten ergeben.
Alles klar bezüglich Semantik? Hier die Erklärung von Tobias Trevisan im Original:
[media id=30 width=400 height=320]
blogsofa FAZ_1: Deutschlands grösstes Finanzportal?
blogsofa FAZ_3: Was müssen Journalisten können?