Diesmal bin ich Hannes Gassert begegnet – zum erstenmal. Und Gedanken zum Vorgehen von PR-Agenturen versus Informatik-Entwicklern. Alles fertig versus fast prototyping.
Hannes (Teamübersicht) ist Mitgründer von liip.ch, hat Informatik und Medienwissenschaften in Fribourg studiert, engagiert sich für Open Source und ist ein anregender Gesprächspartner. Wir kannten uns am Rande, weil liip das interne Wissens-Wiki für Bernet_PR programmiert hat. Kurz getroffen haben wir uns anlässlich meiner Laudatio für Christian Wanner am Ehrenpreis Best of Swiss Web.
Er findet es schwierig, mit PR-Agenturen zusammen zu arbeiten. Weil die immer zuerst ganze Systeme fertig aufbauen, beschreiben und präsentieren wollen. Anstatt Schritt für Schritt Teilsysteme zu entwickeln, sie mit den Benutzern zu testen und dann aufgrund der Erfahrungen das nächste Teil zu bauen. Iterativer Prozess nennt er das, ich habe auch schon mal Fast Prototyping gehört von einem Informatiker, der mit uns ein komplexes Online-Projekt durchgezogen hat.
Fast Prototyping war in jenem Projekt eher eine Entschuldigung dafür, dass einfach wild drauflos programmiert wurde. Weil es kein Gesamtkonzept gab, die Zeit dazu fehlte, zu wenig Kapazitäten vorhanden waren für einen integralen Ansatz. So habe ich das erlebt. Mir fiel ein, dass wir gerade in diesen Tagen an einem Kommunikationskonzept für einen Kunden arbeiten – da machen wir genau das, was Hannes ärgert: Zuerst mal die Grundlagen legen, mit einer Gesamtsicht. Eine Riesenbüez, ziemlich anstrengend. Und der Kunde hätte auch lieber mal ganz schnell ein Teilprojekt nach dem anderen.
Meine Erfahrung: Einzelne Kuchenstücke können ganz schön krümelig ausfallen, wenn das Grundrezept für die Torte nie mit dem Kunden diskutiert wurde. Oder als Skizze (über Hannes‘ Google Android Testhandy haben wir auch geredet, klar dass es aufs Bild musste):
Da hat mir Hannes recht gegeben. Und ich ihm auch. Stimmt schon: Mit einem Konzept definieren wir das Grundrezept. Dann wird Stück für Stück darauf aufgebaut, bei jeder Umsetzung bekommen wir Feedbacks und Ideen für Optimierungen. Ich glaube, wir PR-Heinis dürften da noch ein wenig lernen von den Informatikern. Beim laufenden Einholen von Nutzerechos, vor allem bei den Online-Projekten.
Getroffen?
Danke Hannes für die Anregungen, die Einladung und ich drücke Dir die Daumen fürs Buchprojekt rund um die Lernplatfform moodle.org.
Die Gefahr von Fast Prototyping ist der Erschöpfungsgrad von Developern und Kunden, wenn der Bezugsrahmen zu fehlen droht.
Der liebe Gott mag einen auf sechs Tage verteilten Schöpfungsplan gehabt haben, weniger ein „Jetzt habe ich Licht, mal schauen was mir dazu einfällt.“
Auf der anderen Seite sind kaum Götter mit Gesamtplan unter uns, also schadet es nicht, beide Methoden zu addieren.
da fällt mir ein alter liebling zu, von mark twain: als wir das ziel aus den augen verloren hatten, verdoppelten wir unsere anstrengungen.