Soziale Netzwerke: Die neuen News-Lieferanten?

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zeitungsleserMichael Jackson und die Iran-Wahlen dominierten die News der letzten Wochen. Die Quelle: Soziale Netzwerke und Kurznachrichten-Dienste. Sind Facebook und Twitter die aktuellste Bedrohung für die klassischen Medien?

Facebook und Twitter haben die Meldung vom Tod Michael Jacksons am schnellsten übernommen – und verbreitet. Kaum war die Tatsache auf Facebook zu lesen, verdreifachten sich die Kurzkommentare und Statusmeldungen auf den Servern in Palo Alto. Und die Twitter-Postings verdoppelten sich für eine kurze Zeit auf 24’000 Meldungen pro Minute. «Extrablatt, Extrablatt – alle Neuigkeiten auf Facebook und Twitter» beginnt ein Artikel im San Francisco Chronicle, publiziert letzten Samstag.

Journalisten pflegen Amateur-News-Lieferanten
Sind Soziale Netzwerke der bessere Platz für News? Buchautor, Dozent und Blogger Jeff Jarvis setzt aus meiner Sicht die richtigen Akzente: «Die steigende Popularität von Social Media-Websites verändert den Beruf der traditionellen Journalisten.» Er sieht sie als Kuratoren, die News sortieren, in Zusammenhänge stellen. Neu für mich ist sein Vorschlag, dass Journalisten ein Netz von zuverlässigen Amateuren pflegen, die schnell die auftauchenden Meldungen weiterleiten und sie der «Pflege» durch die Profis übergeben.

Inhalte auch auf Facebook stellen
Gleichzeitig weist Jarvis darauf hin, wie wichtig es für die klassischen Medienhäuser ist, ihre Inhalte eben auch auf Facebook, Twitter und anderen relevanten Kanälen zu verbreiten. «Nachrichtenorganisationen können nicht einfach warten, bis das Publikum zu ihnen kommt.» Der grosse Nachteil: Mit den gross aufgebauten Facebook-Seiten verlieren Pioniere wie New York TimesEconomist oder Spiegel Online natürlich wertvolle Clicks und Werbeeinnahmen auf den eigenen Portalen.

Newssucht oder unzensierter Schnellaustausch
Nicht mehr wegdiskutieren lässt sich die Tatsache, dass das Publikum News sofort will. Das war wohl schon immer so. Was, Jackson ist tot? Blocher abgewählt? Ich persönlich finde diese Newssucht oft unnötig. Aber sie ist ein sozialer, psychologischer Fakt. Und im allerersten Moment ist „neu“ wichtiger als „richtig“. Es gibt genügend Beispiele von Fehlmeldungen auf Twitter. Aber natürlich auch in Agenturmeldungen, Tages- oder Wochenzeitungen, die unter Zeitdruck auf Falschinformationen reingefallen sind.

Eine ganz andere Rolle spielen Facebook und Twitter natürlich in einem Umfeld, wo die klassischen Medien zensiert sind. Und wo es die Regimes noch nicht geschafft haben, Web-Netzwerke ebenso zu überwachen.

News und ihre Verbreitung – Versuch eines Modells
Der Diskurs rund um die zukünftige Rolle von Medien und Journalisten bleibt spannend. Mit folgender Grafik versuche ich, die Zusammenhänge vereinfacht darzustellen. Rot eingefärbt sind die Schnellverbreiter Twitter und Facebook, wo „Weiterleiten“ vor „Überprüfen“ steht. Nicht zufällig sind auch Agenturen und klassische Medien mit einem Teil im oberen, oberflächlichen Sektor platziert. Vielleicht müsste ich heute den Kreis für Twitter und Facebook grösser gestalten, als denjenigen für die Printmedien?

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Beiträge

  • Wenn ich den Artikel von Hubert Burda in der FAZ lese „Journalismus im Internet: Wir werden schleichend enteignet“ denke ich eher, dass die Medien atuell Suchmaschinen wie Google als ihre Hauptbedrohung sehen.

  • Hallo,
    eine interessante und eher nachvollziehbare Darstellung der Newslieferanten wie ich finde. In den ersten 3 Kreisen bin ich selbst aktiv und hin und wieder konsumiere ich auch themenspezifische Zeitschriften.

    An dieser Stelle möchte ich dem Vorredner Recht geben,dass Google News mit hoher Wahrscheinlichkeit eines Tages sehr mächtig sein werden und können Zeitungen komplett verdrängen.

    Mir war als Blogger auch irgendwann mal klar, dass jedes Onlineunternehmen im Web2.0 und in wichtigen Social Networks unbedingt aktiv sein muss, um erstens eigene Zielgruppe zu finden und zweitens um an Glaubwürdigkeit und Authentität zu gewinnen. Bereits im Reallife bekannte Medien können sich online noch mehr frei entfalten:-)

    Wie der Trend sich weiterentwickeln wird, bleibt aber noch abzuwarten. Ich empfinde derzeit z.B. Twitter als einen wachsenden Dienst.
    GRüsse..

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