US Zeitungen: Bezahlte Links sind grün und gefährlich

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bezahlter link la times mia2Nach der Chicago Tribune verkauft jetzt auch die LA Times bezahlte Links. Die sind grün gekennzeichnet – und gefährlich für die Glaubwürdigkeit.

Redaktionelle Seiten sind begehrt – hier ist die Aufmerksamkeit der Lesenden grösser. Medien verkaufen sie gerne, gegen einen Aufpreis und als «Publireportage» gekennzeichnet. Je härter die Zeiten, desto höher die Bereitschaft, sich zu verkaufen. Das letzte Jahr hat auch in der Schweiz immer mehr Werbung gebracht, die sich als Artikel verkleidet – von der gekauften Titelseite bis hin zu Beilagen im Stil der ausgewählten Zeitung.

Links zu kaufen bei LA Times und Chicago Tribune
Einen nächsten Schritt gehen die führenden US-Tageszeitungen in Chicago und Los Angeles. Die Times startete letzte Woche ein Pilotprogramm, in Zusammenarbeit mit der Tribune. Ein internes Memo (siehe zweiter Teil, veröffentlicht im Blogpost von LA Observed) kündigt an, dass «ein E-Commerce Produzent der Chicago Tribune» Links zum TicketNetwork und Amazon in die Artikel einsetzen werde. Grüne Links würde dabei nie über bestehende blaue (redaktionelle) Links gesetzt. Und Redaktoren könnten reklamieren, wenn sie etwas gegen eine nachträglich gesetzte Verknüpfung hätten. Wenn man lange genug auf dem Link verweilt, wird die Meldung «Click to shop» sichtbar:

bezahlte links la times mia text ausschnitt

In Ordnung – und doch seltsam
Kolumnen und News würden im Pilotprogramm von Werbelinks verschont, sagt das Memo. Der Amazon-Link im oben als Ausschnitt gezeigten Beitrag über die Musikerin M.I.A. stört nicht,  er ist eine Dienstleistung. Dass er grün dargestellt ist, zeigt, dass die LA Times bei einem Kauf Geld bekommt von Amazon. Das ist völlig in Ordnung, lesefreundlich markiert, am Ende der Seite erklärt.

Die Unsicherheit beginnt bei der Anzahl von Links. Werden mehr gesetzt, als leserfreundlich sinnvoll erscheinen, damit mehr Umsatz erreicht wird? Ein Besuch auf der Chicago Tribune zeigt viel mehr Amazon-Links, wie bei diesem Beitrag fehlt am Ende der Seite der Hinweis auf die Bedeutung der grünen Links, die LA Times hält sich daran.

bezahlte links la times disclaimer text

Geradezu weh tut der Satz, dass «die Redaktion in keiner Art und Weise mit den grünen Links zu tun habe». Da gibt es also Stellen in einem von Journalisten gezeichneten Beitrag, mit denen sie nichts zu tun haben?

Alles im grünen Bereich?
Die schleichende Unterwanderung der journalistischen Unabhängigkeit wird zu einem weiteren Verfall der Glaubwürdigkeit von klassischen Medienmarken führen. Dabei hilft es auch nichts, wenn «nur» die Blogbeiträge mit bezahlten Links gespickt werden. Blogs tragen genauso zur Reputation einer Zeitungsmarke bei wie die Online- oder Printseiten der Wirtschaftsredaktion. Und diese Reputation wird darüber entscheiden, ob Konsumenten bereit sind, für Inhalte zu bezahlen.

Wenn die Zeitung redaktionelle Artikel mit teilweise gekauften Links verkauft, dann sind Leserinnen und Leser verunsichert. Dasselbe gilt für Publireportagen ohne klare Kennzeichnung. Oder wenn sie sich zu nahe am redaktionellen Erscheinungsbild als Artikel einschleichen wollen.

Die Grenzen zwischen Werbung und Redaktion verschwinden. Und damit die Lust, für eine Leistung zu bezahlen, die nicht mehr geboten wird: Unabhängiges Zusammenstellen von Inhalten.

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Beiträge

  • Hm, kontextsensitive Inline Text Werbung ist ja an und für sich nichts Neues unter der Sonne und aus meiner Sicht auch für redaktionelle Inhalte bei Verlagsseiten kein Problem. Im konkreten Fall sind sie ja klar farblich von allen anderen Links zu unterscheiden, und es fehlt – meistens jedenfalls – auch kein Disclaimer. Zudem scheint mir die Linksetzung tatsächlich kontextsensitiv automatisch zu geschehen. Es wird also nicht (unbedingt) ein PR-Text als redaktioneller Text verkauft.

    Ein bisschen (Online-)Medienkompetenz sollte man den Besuchern einer Zeitungswebseite schon zutrauen. Anders gesagt: Wer in der Printausgabe keinen Zusammenhang zwischen der „Rezension“ der neuen M.I.A.-Platte und dem gegenüberliegenden Inserat von ExLibris/der Plattenfirma herstellen kann, der wird auch online nicht stutzig.

    Problematischer hingegen sind in der Tat nicht gekennzeichnete Publireportagen. Egal ob print oder online – und jeder, der auch nur entfernt mit Werbung, Produkte-PR etc. zu tun hat, weiss, wei käuflich da unsere Medien sind …

  • Außerdem problematisch ist das Thema „Linkverkauf“ aus Sicht der Suchmaschinenoptimierung für Google.

    Google straft i.d.R. „Linkverkäufer“ sehr viel rascher ab, als „Linkkäufer“.

    Um verkaufte Links im redaktionellen Umfeld als solche für die Suchmaschinen-Crawler zu kennzeichnen, damit diese das Ranking der verlinkten Seite nicht manipulieren, gibt es das Link-Attribut rel=“nofollow“.

    Wer das in Fällen des Linkverkaufs nicht einsetzt, läuft massiv Gefahr von Google abgestraft zu werden, was in der Regel einen hohen Verlust der Suchmaschinensichtbarkeit nach sich zieht.

    Scheinbar haben das die Zuständigen sowohl bei der LA Times, als auch bei der Chicago Tribune gewußt, nur leider ist „Halbwissen“ oftmals sehr gefährlich, denn:

    Die haben das Link-Attribut im Quellcode falsch notiert und zwar als rel=“no follow“ (mit Leerzeichen!), was dazu führt, das nunmehr das Signal „dieser Link ist gekauft und darf nicht das Ranking der verlinkten Seite beeflussen“ nicht da ist.

    Demnach sehen wir hier aus Sicht des Google-Crawlers zwei eindeutige Fälle von regelwidrigem Linkverkauf, der abgestraft werden wird – wenn man nicht die LA Times oder der Chicagoe Tribune ist, denn Google misst hier leider oft mit zweierlei Maß…

    Werde nun wohl den Sichtbarkeitsindex der beiden Domains in den kommenden Wochen im Auge behalten, um zu sehen was da passiert… vielleicht sollte man die beiden Domains ja auch über den Google „Web-Spam Report“ melden, für den Matt Cutts ja in letzter Zeit wieder massiv die Werbetrommel rührt 😉

  • @Michael: Dein Ausdruck «kontextsensitive Inline Text Werbung» enthält des Pudels Kern: Für mich steckt er im Wörtchen «Inline». Mir ists recht, wenn mir hier und dort ein Inserat im passenden Umfeld serviert wird. Aber bitte nicht zu «Inline», sondern klar separiert. Blogger, Suchmaschinen, Zeitungen dürfen Werbung verkaufen. Aber wenn sie damit ihre Hauptleistung nicht mehr unabhängig, sondern „gekauft“ präsentieren, wirds mir mulmig.

    @Sebastian: Danke für den Hinweis, da weisst du wesentlich mehr als ich…