Das iPad ist beliebt. Fans und Kritiker halten sich seit Wochen darüber auf, was es taugt und wo es versagt. Eins ist gewiss: Das neue Format verlangt von Informations-Gestaltern und Kommunikations-Fachmenschen ein Umdenken.
Kürzlich habe ich im Internet-Briefing-Vortrag des InformationArchitects Christoph Lüscher Spannendes über diese neuen Anforderungen gelernt. In einer kleinen Serie fasse ich meine Erkenntnisse zusammen. Diese neuen Voraussetzungen schafft das iPad (und hoffentlich bald auch andere Tablets):
Maximal out – minimal in
Ist das iPad nun Werk- oder Spielzeug? Ein Toy oder Tool? Ein Toyl? Erste Erfahrungen zeigen, dass aufgrund der Konsumhaltung und der Eingabemöglichkeiten die Menge an «User Generated Content» zurückgehen wird. Augrund der etwas mühsamen Dateneingabe wird der Input zurückgehen. Und es werden wieder mehr kommerziell erstellte Inhalte «konsumiert».
Die neue Konsumhaltung
Von wegen konsumiert; schon alleine die Körperhaltung ist neu. Mit Desktop oder Notebook nehmen wir – ok, mit wenigen Ausnahmen – eine aufrechte, meist sitzende Haltung ein, fachsprachlich «lean forward». Das iPad dagegen fördert die entspannt zurückgelehnte Konsumhaltung – «lean back» eben. Nicht zu unterschätzen, welche Konsequenzen diese Haltungsfragen auf den Inhalt haben wird.
Die Maus ist tot
Sie wurde fast 40 Jahre alt – seit ihrer Geburt gilt sie als eines der allerwichtigsten Computer-Eingabegeräte (detailierte Mausgeschichte bei Wikipedia). Und auch Ignoranten, die dem iPad eine Tastatur anhängen wollen – bei der Maus hört der Spass auf. Die neuartige Bedienung mit «Wischen» und Tippen ist für uns noch exotisch. Unsere Kinder schütteln das schon locker aus dem Handgelenk.
Passiv UND interaktiv
Jahrelang haben wir interaktive Webinhalte gelobt, gefördert, gestaltet. Die genannte «lean back»-Haltung bringt mehr Passivität auf das Tablet. Im Gegensatz zu klassischen E-Readern à la Kindle sind die Tablets aber vielseitiger einsetzbar – noch kein Gerät zuvor war zugleich so deutlich «passiv» und «aktiv». Gut möglich, dass die Informationsgestaltung ihren Fokus wieder vermehrt auf den passiven Konsum legen wird.
König «Inhalt» regiert
«Content is King» schreit die Web-Gemeinde ja seit Jahren. Trotzdem sind die Newsportale heute noch eher leserunfreundliche, farbig blinkende Ablenker. Auf dem Tablet hingegen ist das Lesen deutlich angenehmer. Das gibt dem Inhalt mehr Gewicht. Auch längere Artikel, Reportagen, Texte werden so auch für den Online-Vertrieb und -Konsum attraktiv.
Der Diskussion «iPad wofür» bin ich überdrüssig. Alleine schon diese ersten Erkenntnisse sind für mich Indiz genug, dass dieses neue Format die Zukunft der Informationsgestaltung massiv prägen wird. Und wenn dann noch taugliche Konkurrenz-Geräte erhältlich sind, mit gutem Produktdesign und offenen Plattformen – dann: «Heureka!»
Die weiteren Folgen dieses iPad 3-Teilers:
iPad: Das Format schafft neue Bedingungen, Teil 2
iPad: Das Format schafft neue Bedingungen, Teil 3