Lift13: Inspirationen für Demokratie, Präsentationen, Apps

/

Lift – da reisen Zürcher nach Genf, um Fondue zu essen. Das ist natürlich ein verzerrtes Bild der wohl internationalsten Schweizer Konferenz rund um Web, Innovationen und IT. Ich nehme Anstösse mit zu Social Media an Anlässen, Partizipation in Machtsystemen, Präsentationstechnik und mehr.

In den anderthalb Tagen, die ich dabei sein konnte, entstanden interessante Gespräche mit Menschen aus Mexico-City, Athen, Wien, Salzburg, Stuttgart, Berlin, New York, Lausanne – und Zürich. Der Mix an Themen ist immens, meine Auswahl arbiträr:

1’000 Zuschauer am Wegschauen

Die Teilnehmenden machen den speziellen Charakter dieser Konferenz aus – es ist ein wilder Mix von Beratern, Programmierern, Unternehmern und Designern. Sie sind alle halb präsent und halb in ihren Bildschirmen versunken. Klar, auch ich habe beim Fondue getwittert, neben Vorträgen Mails und Facebook-Meldungen gecheckt. Alle hätten ein Mikrofon am Platz, die Moderation wünscht sich aber die Fragen über Twitter. Es läuft ein Video-Lifestream, der in Ganztages-Filmen archiviert ist und später auf Referate aufgeteilt wird. Vorbildlich werden die Tweets zur Messe in die Lift-Website eingeblendet, fremde in der linken, eigene Tweets in der rechten Spalte:

Lift13 Twitterstream auf der Website

Demokratie: Wer hat, der blockiert

Als erstes widmete sich Lift der Demokratie: Wie liesse sich Partizipation im Zeitalter von Crowdsourcing und Shitstorms gestalten? Micah Daigle hat politische Kampagnen geführt, sich später auf Technologie spezialisiert und führt heute die die «Collective Agency». Er sucht nach Formen, politische Partizipation durch Online-Plattformen zu ergänzen: «Was wäre, wenn wir uns gegenseitig vertreten könnten, dort wo wir am meisten verstehen?» Er skizziert ein Modell, in dem Bürger andere Mitbürger auswählen, die sie als Experten bei Volksbefragungen vertreten. Dabei kann man ohne Geld und ohne Machtnetz als Repräsentant gewählt werden – aus dem Kreis der eigenen Freunde. Slides und Argumente sind ab Minute 53 abrufbar.

Wer Macht hat, will sie behalten. Das führt dazu, dass sich Systeme nicht von oben ändern. So ist die isländische Verfassungsentwicklung seit anderthalb Jahren blockiert. Nach einem eigentlichen Crowdsourcing-Prozess liegt sie seit anderthalb Jahren im Parlament. Die Opposition sagt zu allem Nein, was der Mehrheit gefällt. Und die regierende Partei negiert alles, was die Opposition will. Gudrún Pétursdóttir, Vorsitzende der verfassungsgebenden Kommission, befürchtet das Schlimmste: «Bald sind Wahlen. Der leider weltweit normale Politikerreflex scheint eine neue Verfassung zu verunmöglichen.»  Etwa bei 1 Stunde 15 beginnt ihr Auftritt.

Inspiration: Mehr Zeichnen

Wie immer an solchen Konferenzen interessieren mich die präsentierten Folien. Was mir am besten gefallen hat, in Tipps:

  • Grosse Bilder, minimaler Text. Am liebsten sogar keinen Text. Nur Bilder oder Skizzen mit Worten dort, wo ein Konzept oder ein Ansatz eben gar nicht anders illustriert werden kann.
  • Video nur für Höhepunkte. Der Zukunftsforscher Noah Raford hat praktisch jede Folie mit genial ausgewählten Bewegtbildern hinterlegt. Wow. Doch vor lauter Bilderfaszination konnte ich kaum mehr seinen Worten oder Botschaften folgen.
  • Handskizzen heben ab. Micah Daigle und Dave Gray untermalten ihre Botschaften mit speziellen Schwarzweiss-Folien oder Handschriften. Dadurch entsteht eine frische, unverwechselbare Nähe. Näher verfolgen werde ich die Idee von Dave Gray, Unternehmenskulturen in Zeichnungen darzustellen. Die Seite zum Projekt Culturemap hält die Werte seiner Agentur in einem Cartoon fest.

Scribble als Dank für den Filzstift von Daniel Freitag

Daniel Freitag beendete seinen inspirierenden Beitrag mit einer Skizze und der Aussage: «Führe dein Unternehmen mit Filzstift und Post-It.» Auch Architektur ist für ihn Ausdruck und Rahmen einer Unternehmenskultur. Der bildorientierte Taschenfabrikant hat auf 2013 sämtliche Budgets gestrichen und erhofft sich damit mehr Zeit für agile Führung und Prozesse. Für seine Skizzen hat er immer einen Pocket Pencil Brush bei sich – in Genf hat er mir gleich einen geschenkt. Natürlich musste ich mit diesem Scribble danken.

Auswahlsendung: Viele kleine Links

Es gab noch sehr viel zu hören, auch wenn die Referate aus meiner Sicht hätten dichter sein können. Vielleicht ging am Freitag die Post ab, da konnte ich nicht mehr dabei sein. Von anderen habe ich gehört, dass sie parallel zum Plenum laufende Workshops geschätzt haben – ich bin im grossen Saal geblieben. Meine kuratierte Auswahl für alle, die noch Zeit für weitere Inspirationen hätten:

Wohin sich Apps, Tablets und Smartphones entwickeln von Geoffrey Dorne:
Uniqlo Gratis-Musikwecker, der die Musik dem Wetter anpasst.
Katachimag als wegweisendes Tablet-Magazin.
Beinahe altmodischer Postkarten-Versand mit Touchnote oder Cardagram.
Liquidata bringt Bewegungsprofile von Smartphones auf einen Tisch-Monitor.
Editions Volumiques kombiniert Tablets mit Spielfiguren, Materialien – zum Beispiel Schiffe.

Konstantina Zoehrer zeigt als Social Entrepreneur und Startup-Förderin in Athen, was sich mit jugendlichem Elan, Ausdauer und hohem Einsatz in einem widrigen Umfeld erreichen lässt: Ihre Präsentation inspiriert.

Stimmt-Tipps und Ideen für Vorbereitung und Moderation des nächsten Workshops.
Liveblogging-Kurzfassung aller Referate von Stéphanie Booth.
Alles über Lift und mehr Tipps für Präsentationen im bernetblog.

  • Kategorien
  • Tags

Kommentieren

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

* Pflichtfelder

Beiträge