Wir tun es auch: Wissen teilen im Web, zuhause arbeiten und unterwegs, erreichbar sein ausserhalb der Bürozeiten – und machen so mit bei der digitalen Verdunstung der Arbeit. Wer sich und seine Arbeit immer und überall sichtbar macht, wird verletzlich. Damit wir den Boden unter den Füssen nicht verlieren, braucht es Regeln.
Die Bitkom-Studie «Arbeiten in der digitalen Welt» (PDF) liefert die Basis für diesen Beitrag. Die Autoren führten eine repräsentative Umfrage bei 505 deutschen Berufstätigen und 854 deutschen Unternehmen durch.
Die Thesen:
- Mobile Technologien ermöglichen und fördern mehr zeitliche und örtliche Flexibilität der Arbeit
- Ständige Erreichbarkeit erfordert mehr Verantwortung vom Arbeitgeber und vom Arbeitnehmer
- Soziale Medien machen die Kommunikation transparenter und fordern von den Mitarbeitern mehr Eigenverantwortung
Was heisst «Flexibilität» und «Verantwortung», was steckt hinter diesen etwas hohlen Begriffen?
Positiv formuliert: Wir gewinnen Freiheit
Die Arbeit ist dank Smartphones, Flatrates für mobiles Internet und Cloud-Anwendungen nicht mehr an den Bürotisch gebunden. Wenn ich ein Konzept schreiben muss, kann ich das auch zu Hause tun, oder an einem anderen ruhigen Ort. Home Office ist laut der Bitkom-Studie die häufigste Alternative zum Bürotisch:
Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, regelmässig unterwegs zu arbeiten. Und nur jeder vierte Befragte arbeitet niemals anderswo als am eigenen Arbeitsplatz.
Freiheit bringt auch die Verfügbarkeit von Wissen: 63 Prozent der Befragten stimmten der Aussage zu, dass bessere Arbeitsergebnisse erzielt werden können, wenn jeder seine Ideen und Informationen mit anderen teilt.
Negativ formuliert: Wir fransen aus in der digitalen Welt
Um diesen Blog zu schreiben, habe ich den E-Mail-Client, Twitter und Facebook geschlossen. Aber nicht nur Ablenkung zählt zu den negativen Folgen der digitalen Verzettelung. Soziale Netzwerke, Communities und Foren verleiten dazu, sich zu sehr am Umfeld zu orientieren. Das gilt für Privatpersonen wie für Firmen. Zuhören ist gut für den Dialog, erfordert aber eine eigene Haltung. Unternehmen formulieren eine solche in Positionierungen, Botschaften und Guidelines.
Regeln als Anker
Je mehr sich der Rahmen unserer Arbeit verflüchtigt, desto stärker müssen unsere eigenen Grundsätze sein. Solche Grundsätze haben verschiedene Ausprägungen: Für die Balance von Arbeit und Freizeit sind es Lebenskonzepte, für die Arbeit zu Hause sind es explizite Vereinbarungen und implizite Spielregeln. Und für das Teilen von Wissen und Informationen in Communities und Sozialen Netzwerken sind es intern geteilte (und akzeptierte) Grundsätze, Positionierungen und Botschaften und extern kommunizierte Regeln.
Je solider dieser Anker, desto flüchtiger können sich Unternehmen in der digitalen Welt bewegen, ohne den Boden unter den Füssen zu verlieren.
Weiterführend
Home Office Day: Tipps und Musts zur Heimarbeit
The Age of Less: Aufs Maximum reduzieren
Ich finde die ständige Erreichbarkeit furchtbar. Vor ein paar Monaten war ich auch der Meinung, dass ich privat immer alles überall mitbekommen muss. FB, Twitter, Skype – alles was ständig offen und erreichbar. Eine fürchterliche Angelegenheit. Dann habe ich mal zwei Wochen Pause von allem genommen und mir seitdem feste Zeiten gesetzt. Ich glaube, anders geht es auch gar nicht, als sich selbst zu maßregeln und zu kontrollieren. Danke für den Artikel, ich habe hier noch die ein oder andere Anregung gefunden 🙂
Hallo Veronika
Danke fürs Danke! Und: Regeln heisst ja nicht, nur nach zweimal täglich erreichbar zu sein, sondern zu deklarieren, in welchen Fällen man wie erreichbar ist. Oft können auch die Kollegen weiterhelfen, die gerade nicht Ferien haben. Oder es reicht ein Rückruf zwei Stunden später. Da zu sein, wenns mal wirklich brennt, bleibt meiner Meiniung nach unverzichtbar.