Gipfel Krisenkommunikation: sieben kontroverse Thesen

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Am Schweizer Krisenkommunikationsgipfel 2013 trafen sich Fachleute zum Austausch. Referenten teilten Ihre Erfahrungen zu Prävention, Bewältigung und Reputation in der Krise. Auf dem Podium diskutierten Medien- und PR-Schaffende über die Zukunft der Berichterstattung im Zeitalter der Medienkonvergenz.

Kommunikationsexperten, Journalisten und Wissenschaftler trafen sich am 12. Juni an der Uni St. Gallen zum Kommunikationsgipfel 2013. Verschiedene Referenten gaben Einblicke in Ihr Schaffen in den Themenfeldern Krise und Reputation, Krisenprävention und Social Media. In der Podiumsdiskussion zum Thema: Wohin entwickelt sich die Krisenberichterstattung im Zeitalter der Medienkonvergenz – stellten die Teilnehmer ihre Thesen zum Thema Krisenkommunikation zur Diskussion. Ich habe sieben Thesen ausgewählt.

Die sieben Thesen:

  • Scheinheiligkeit: Jede Rede von «offener und transparenter Kommunikation» ist scheinheilig. Kommunikation ist nie wertfreie Information, sondern stets von Interessen geleitete Politik.
  • Macht: Politik (und so auch Kommunikation) wird nach den Regeln der Macht betrieben
  • Lockerheit: Je mehr Macht jemand hat, umso weniger «offen und transparent» muss er agieren, umso lockerer kann er schweigen, abstreiten, lügen.
    Urs Paul Engeler, ehemals Bundeshausredaktor Weltwoche
  • Dranbleiben: Krisenkommunikation ist eine Daueraufgabe, nicht erst, wenn Druck entsteht und eine Krise stattfindet.
  • Ganz oder gar nicht: Der aktive Einsatz von Social Media muss in die gesamte Unternehmenskommunikation eingebettet sein. Auch hier gilt: «Richtig oder gar nicht!»
    Simon Tribelhorn, Geschäftsführer Liechtensteiner Bankenverband
  • Beschleunigung: Konvergenz und Social Media beschleunigen die die Krisenberichterstattung zu einer Echtzeitkommunikation
  • Wahrheit gewinnt: Falsche oder geschönte Informationen werden durch Social Media sehr schnell entlarvt. Konsistente Kommunikation und Berichterstattung ist unabdingbar.
    Bernhard Maissen, Chefredaktor Schweizerische Depeschenagentur sda

Mein Fazit:

  • Offen und transparent kommunizieren – das sind gängige Schlagwörter in der Kommunikation. Ein Unternehmen legt selten bis nie alles vollständig offen, kommuniziert kaum sämtliche gemachten Fehler. Für mich beschreibt ‚offen und transparent‘ eine Grundhaltung, die mir gerade auch in der Krisenkommunikation wichtig scheint. Kommuniziert man in der Krise nach dem Prinzip «So viel wie möglich» anstelle von «So wenig wie nötig» – so beeinflusst das die Kommunikation und auch den Verlauf der Krisenberichterstattung. Die offensivere Haltung schafft Vertrauen und erlaubt eine glaubwürdige Kommunikation.
  • Macht erlaubt, mit einer Krise lockerer umzugehen. Wer Macht besitzt, ist grundsätzlich in einer sichereren Position. Wer gross, gut vernetzt und beispielsweise wirtschaftlich wichtig ist, den rüttelt eine Krise weniger. Doch: Lügen haben kurze Beine. Ich behaupte, dass gerade auch im heutigen Zeitalter von Social Media, Lügen früher oder später entlarvt werden. Und einmal im Web Publiziertes ist für immer auffindbar und schadet auch Menschen und Unternehmen mit Macht nachhaltig.
  • Social Media erhöhen das Tempo. In einer Krise, die kommunikativ auch auf diesen Kanälen stattfindet, fordert das eine Kommunikationsabteilung zusätzlich heraus. Das bedeutet: in Echtzeit monitoren, zuhören und kommunizieren. Die Dialogführung auf den Social-Media-Kanälen ist also eine weitere Disziplin, die es in die Gesamtkommunikation einzubetten gilt.

Weiterführende Informationen:
bernetblog-Artikel Krisenkommunikation: Empfehlungen aus der Praxis
bernetblog-Artikel Soziale Medien: Chance oder Gefahr für eine Gesellschaft?
bernetblog-Artikel Der Beruf der PR-Schaffenden im Wandel der Zeit – was ist neu und was ist geblieben?
Schweizer Krisenkommunikationsgipfel 2013 

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Beiträge

  • Danke für den Einblick. Ich hätte der Podiumsdiskussion gerne auch vor Ort gelauscht, musste aber weiter.

    Interessant zu sehen wie sich die Hauptthesen der Podiumsdiskussions-Teilnehmer nach einem ganzen Tag Input über Veränderung doch wieder sehr stark auf „alte“ und „bewährte“ Prinzipien berufen.

    Ich teile deine Einschätzung: es geht nicht um Absolutismen, sondern um generelle Verschiebungen. Und der Trend zu „Transparenz als neues Leitprinzip“ ist ein gutes Beispiel dafür. Im heutigen Medien- und Kommunikationsunfeld können sich eben auch die Mächtigsten dem dadurch entstehenden Druck nicht mehr entziehen (Obama, Erdogan etc)