Veränderungen lösen Ängste aus. So wird seit Geburt der ersten Mediensites über das Verhältnis von Print und Online debattiert, diskutiert, gestritten. Über Konkurrenz, crossmediale Synergiefindung oder Konvergenz, Finanzierung, Qualität und Anerkennung. ZEIT-Chefredaktor Bernd Ulrich und ZEIT ONLINE-Chefredaktor Jochen Wegner haben zur jüngsten Debatte gemeinsame Thesen aufgestellt.
Wem gehört die Zukunft – dem Print- oder Online-Journalist? Diese Frage stelle sich künftig nicht mehr, sagen ZEIT-Chefredaktor Bernd Ulrich und ZEIT ONLINE-Chefredaktor Jochen Wegner. Sie haben zwölf gemeinsame Thesen formuliert – über das Verhältnis von Printlern und Onlinern. Folgende drei Thesen finde ich besonders spannend und zukunftsweisend.
- These 1: Online hat gewonnen. Print auch. Viele Online-Medien erreichen mehr Leser als die Printausgaben. Die Online-Leser sind gebildet und tendenziell jünger als die Leser von Print. Guter Online-Journalismus ist heute genau so gut wie guter Print-Journalismus. Print-Titel sind noch lange nicht gestorben. Ein Massenphänomen löst meist auch eine Gegenbewegung aus. Gedrucktes entschleunigt. Wer offen ist für Mischformen – gewinnt.
Informationshäppchen alleine reichen mir nicht. Sie sind mir zu oberflächlich und schnelllebig – auch die Themenbreite lässt mich oft durstig zurück. Mit Genuss lese ich die NZZ, vertiefe mich in Themen und stosse auf Interessantes, dem ich sonst nirgends begegne. Als Ergänzung zu Online-Medien: diese begleiten mich durch den Tag.
- These 2: Print-Journalisten haben keine Ahnung von der Zukunft der Medien. Online-Journalisten aber auch nicht. Onliner prognostizierten das Ende von Print, Fernsehen und Radio. Das hat sich als falsch erwiesen. So auch das bejubelte offene Internet – mit Barrieren für bezahlte Inhalte oder geschlossenen Facebook-Seiten. Was sich verändert hat, ist das Tempo. Es wurde durch die Digitalisierung massiv erhöht. Auf der Suche nach erfolgreichen Rezepten sind beide – die Onliner und Printer.
Jeder Medienkanal hat seine Vor- und Nachteile: der Lebensumstand bestimmt die Nutzung. Abends Zuhause auf dem Sofa lese ich gerne ein gutes Buch. Das wird sich auch in 20 Jahren nicht ändern.
- These 3: Wir denken unsere Medien zusammen. Jeder kann alles: Fotografen können auch schreiben. Schreiber auch fotografieren. Das Aufheben von Spezialisierungen hat Auswirkungen auf die Qualität: sie wird schlechter. Schreiben, Fotografieren und Filmen sind Berufe, die bestimmte Fähigkeiten verlangen. Niemand kann alles wirklich gut. ZEIT-Chefredaktor Bernd Ulrich und ZEIT ONLINE-Chefredaktor Jochen Wegner bezeichnen das Wort «Synergie» als ’schlimmes Wort‘. Sie sprechen sich für das Gemeinsame aus – mit dem Ziel, dadurch eine grössere journalistische Kraft zu entwickeln.
Teamwork über Grenzen hinaus, anderen Berufen und Tätigkeiten Achtung schenken – das gilt auch in der Medienwelt. Diese verändert sich besonders schnell und steht dabei im Schaufenster. Das ist keine einfache Situation. Kommt dazu, dass sich Journalisten von Berufswegen lieber mit anderen, als mit der eigenen Gilde beschäftigen.
Mein Fazit:
- Die jüngste Debatte war nicht die letzte. Solche Diskussionen sind aber wertvoll. Sie lösen neue Gedanken aus und stossen weitere Schritte an. So wie die
Solidaritätswelle für Plöchinger
- , als er als Digitaler in die Chefredaktion der
Süddeutschen Zeitung
- geholt wurde.
Weiterführende Informationen
Die zwölf Thesen auf ZEIT Online
bernetblog-Artikel Dreikönigstagung: Die Zukunft der Medien im digitalen Zeitalter
alle bernetblog-Artikel zum Thema Journalismus und Mediennutzung