Wofür setzt die SRF-Wirtschaftsredaktion die sozialen Medien ein, wie entsteht Mehrwert und wo hört der Dialog auf? Darüber sprachen wir mit Reto Lipp, Wirtschafts-Moderator und -Redaktor beim Schweizer Radio und Fernsehen SRF.
Die Serie «Journalisten im Web» porträtiert Redaktorinnen und Redaktoren und ihren Alltag im Social Web im Rahmen einer qualitativen Studie von Bernet_PR und dem Institut für angewandte Medienwissenschaften IAM der ZHAW. Der Hashtag zur Studie: #jstudie14.
Seit sieben Jahren ist Reto Lipp als Moderator und Redaktor von «ECO» und «SRF Börse» tätig. Der vom Branchenmagazin «Schweizer Journalist» gewählte Wirtschaftsjournalist des Jahres 2011 ist ständig auf der Suche nach interessanten Wirtschaftsthemen, um zu einer fundierten Meinungsbildung seiner Zuschauer beizutragen.
Näher bei den Leuten
Social Media-Kanäle wie Twitter und Facebook erleichtern der Wirtschaftsredaktion die Recherche. Bei der Suche nach Protagonisten zur Zuwanderung beispielsweise, haben via Facebook und Linkedin mehrere «Follower» Vorschläge unterbreitet. Auch Anregungen für neue Themen oder Folgebeiträge gelangen durch diese Kanäle auf direktem Weg an das Redaktionsteam. Und auch Dialog entsteht über die sozialen Kanäle einfacher als früher über die Kommentarfelder auf der SRF-Seite. So fragt die Redaktion nach Meinungen, profitiert von Diskussionen und reagiert schnell auf Kritik.
Social Media im redaktionellen Alltag
Heute setzt die Redaktion vor allem auf Facebook und Twitter. Darüber kündigt sie Programmthemen an, teilt Hintergrundinformationen und holt im Anschluss an die Sendung Feedback ein. Im redaktionellen Alltag sieht der Einsatz der sozialen Kanäle folgendermassen aus, erklärt Reto Lipp: Am Donnerstag und Freitag bewirbt die Redaktion ein erstes Sendungsthema über Twitter und zeigt über Facebook Fotos, Hintergrund-Beiträge oder Abrisse der ersten zwei Minuten der Sendung. Am Sonntag und Montag wird je ein weiteres Thema angeteasert. Während der Sendung fragt die Redaktion das Publikum über die sozialen Medien nach ihrer Meinung und nach der Sendung – auf dem Nachhauseweg diskutiert Reto Lipp höchstpersönlich online weiter. Neben Facebook und Twitter könnten künftig noch weitere soziale Plattformen in Frage kommen. Interessant für die Verbreitung von beispielsweise Bildungsthemen sieht Reto Lipp die beruflichen Netzwerkplattformen xing und LinkedIn.
Mehr als Eigenwerbung
Neben den Posts zur Promotion der Sendungen will der Wirtschaftsmoderator auch mit sendungsunabhängigen Inhalten Mehrwert schaffen. So verbreitet er, was ihm gerade ins Auge springt: Studien, Statistiken, Zahlen zu Wirtschaftsthemen, die sonst nicht gross thematisiert werden. Von unterwegs twittert er gerne, doch dies ist manchmal umständlich. Nämlich dann, wenn er seine Quellen, beispielsweise einen Artikel aus einem Printmedium nicht online findet. Dies hält ihn jedoch nicht davon ab, auch einmal ohne Verlinkung zu posten.
Privat bleibt privat
Wer auf den sozialen Kanälen mit Reto Lipp interagiert, interagiert mit ECO. Denn privat nutzt der Wirtschaftsredaktor die sozialen Kanäle nicht. Natürlich interessiert die Öffentlichkeit auch die Meinung von Reto Lipp, beispielsweise zu einer aktuellen Initiative. Persönliche Ansichten darf der Moderator jedoch nicht mit dem «ECO-Hut» verkünden. Warum dann das Reto Lipp-Profil? Den Einstieg in die soziale Welt machte er ursprünglich mit einem ECO-Profil, doch nach sieben Jahren als Moderator wirkt sein Name als Profilname wie eine Marke.
Transparenz beim Posten
Dass ihm beim Publizieren unter die Arme gegriffen wird, ist kein Geheimnis. Die Posts weisen klar auf, von wem sie verfasst wurden – von Reto Lipp oder von einer ECO-Redaktorin. Sie kümmert sich um den gesamten Online-Auftritt und bedient die Profile auf Facebook und Linkedin der Wirtschafts- und Börsensendung unter der Woche, während Reto Lipp vor allem vor und nach den Sendungen auf Social Media aktiv wird.
Steckbrief
Reto Lipp, 54 Jahre, Moderator/Redaktor «ECO» und «SRF Börse»
- Journalistisch tätig seit 1983
- Beim SRF in dieser Funktion seit 2007
- Nutzt die sozialen Kanäle rein beruflich