Journalisten im Web: Birgit Orgler, Chefredaktorin, Radio 24

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Die Sozialen Kanäle bieten dem Radio für die Recherche und zur Beschaffung von Informationen neue Möglichkeiten. Und das Radio ist nicht mehr alleine das schnellste Medium – Social Media ist gleichauf. Birgit Orgler ist Chefredaktorin bei Radio 24. Sie erklärt, wie das Medium Radio mit Facebook und Co. im Redaktionsalltag umgeht – und warum sie selber darauf verzichtet.

Die Serie «Journalisten im Web» porträtiert Redaktorinnen und Redaktoren und ihren Alltag im Social Web im Rahmen einer qualitativen Studie von Bernet_PR und dem Institut für angewandte Medienwissenschaften IAM der ZHAW. Der Hashtag zur Studie: #jstudie14.

Sich selbst nennt Birgit Orgler einen «kompletten Social-Media-Muffel»: Sie ist weder auf Twitter noch auf Facebook oder auf sonstigen Kanälen privat aktiv. Für das Medium Radio sieht sie aber Vorteile: «Die Möglichkeiten Fakten zu prüfen sind vielfältiger und gleichzeitig günstiger geworden», sagt Birgit Orgler.

Mehr Möglichkeiten für die Recherche
Früher waren News-Agenturen wie beispielsweise Reuters die einzigen Recherche-Quellen für Radios. Wer es sich leisten konnte, nahm den Service von zwei Agenturen in Anspruch, um Fakten crosszuchecken. Heute komme man durch die Sozialen Kanäle schneller und günstiger an die relativ teuren Reuters-Meldungen, sagt Birgit Orgler. Zusätzlich können über Facebook, Twitter und weitere Online-Kanäle Informationen recherchiert werden. Die Sozialen Medien sind aber auch eine direkte Konkurrenz des Radios: Als Birgit Orgler zu «Dinosaurierzeiten» beim Radio angefangen hat, ging sie mit dem Aufnahmegerät an eine Pressekonferenz und schnitt danach für die Abendsendung einen Beitrag. Der Beitrag erschien vor allen anderen Medien. Heute seien die Sozialen Kanäle und die Online-Medien gleich schnell. Arbeitsschritte haben sich laut Birgit Orgler durch die Sozialen Medien nicht verändert. Posts und Tweets lassen sich mit den früheren Hörertelefonen vergleichen: Die Quellen müssen genauso geprüft werden, wie wenn früher jemand ins Studio anrief und Meldung beispielsweise über einen Unfall machte.

Verantwortlichkeiten klären – gesunden Menschenverstand walten lassen
Für die Bespielung der offiziellen Kanäle von Radio 24 ist ein Social Media Manager verantwortlich. Er postet Aktionen, Aktivitäten der Moderation, Podcatst, etc. Dabei tauscht er sich mit der Moderation aus zu: Was ist gerade aktuell? Welche Inhalte stehen zur Verfügung? Laut Birgit Orgler ist es wichtig, dass die Verantwortlichkeit für die Sozialen Kanäle klar geregelt ist. Sonst würde so nebenbei noch Social Media betrieben. Unvollständigkeit, Tippfehler und ein unprofessioneller Online-Auftritt wären die Folge. Radio 24 publiziert keine News auf Sozialen Kanälen: «Das wäre nur ein weiterer Newsticker». Versuche in diese Richtung seien abgebrochen worden, weil es sehr zeitaufwändig war und man nie aktuell genug sein könne. Überhaupt habe man bei der Einführung von Social Media vieles ausprobiert, einiges fortgeführt anderes wieder verworfen. Learning by doing sei die Devise gewesen, sagt Birgit Orgler. Das Verhalten auf den Sozialen Plattformen ist Teil des Programmhandbuchs von Radio 24. Die Moderatorinnen und Moderatoren werden speziell gebrieft, weil sie öffentliche Personen und an der Front tätig sind. Sie haben auch meistens zwei Facebook-Profile: ein öffentliches und ein privates. Laut Birgit Orgler zähle man beim Sender aber auf den gesunden Menschenverstand.

Ein bisschen mehr Menschenverstand wünscht sich Birgit Orgler auch bei der privaten Social Media Nutzung: «Die Selbstdarstellung auf Facebook gefällt mir nicht.» Und das meiste, was gepostet werde, interessiere sie sowieso nicht, sagt sie. Hingegen könne sie sich durchaus mit dem Prinzip von Twitter anfreunden: «Die Idee, etwas so zu verdichten, dass man es in 140 Zeichen ausdrücken kann, gefällt mir. Da kommt man eher auf den Punkt, als wenn man jeden Aspekt seines Lebens ins Netz stellt.»

 

Steckbrief
Birgit Orgler, 46, Chefredaktorin, Radio 24

  • Journalistin seit 1994
  • Bei Radio 24 in der heutigen Funktion seit 2012
  • Nutzt Facebook und Twitter nicht

Weiterführend:
alle Portraits der Serie «Journalisten im Web»

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