Die Serie «Journalisten im Web» portraitiert Redaktorinnen und Redaktoren und ihren Alltag im Social Web im Rahmen einer qualitativen Studie von Bernet_PR und der ZHAW. Die Zusammenfassung und Auswertung der Studie erfolgte (bereits zum zweiten Mal nach 2015) im Herbst 2017. Der Hashtag zur Studie: #jstudie.
Gegründet vor bald 30 Jahren (1988, s. Wikipedia) ist Hochparterre bekannt als eigenständiges, kritisches Magazin für Architektur und Design. Fachkundig und gleichzeitig allgemein verständlich berichtet es über diese Themenfelder. Obwohl das Heft einige Tausend Online-Follower hat (> 7’500 bei Facebook, >1’000 Twitter), agieren die Macher/innen zurückhaltend im Social Web. Wohl erkennt man die Notwendigkeit beim Recherchieren, Publizieren und im Dialog, ist aber etwas skeptisch angesichts des geschwätzigen Allerleis. Die Kanäle werden hauptsächlich von den Online-Veranwortlichen gespiesen, die Redaktor/innen sind selber weniger aktiv.
Potential erkannt trotz Zurückhaltung
Werner Huber meint zur Bedeutung: «Online-Hilfsmittel sind im Arbeitsalltag omnipräsent. Manchmal fragt man sich, wie man das früher gemacht hat. Aber es ist ja gegangen, einfach anders.» Die Zurückhaltung, sich persönlich im Web zu positionieren oder zu exponieren komme auch daher, dass man Privates und Berufliches trennen wolle, was in den Social Media schwierig ist. «Wir wissen, dass wir uns mehr um die Social-Media-Kanäle bemühen sollten.» Der Umgang bei der Recherche für ein anspruchsvolles Fachpublikum zeigt Vorteile und Herausforderung der Journalistischen Arbeit im Social Web.
Austausch, Auswahl und Nähe
Erleichtert werde die Themenfindung. «Ich kann zu einem Stichwort eine Online-Recherche oder machen und auslegen, was es hergibt.» Die Phase des «Jagen und Sammeln» sei damit leichter geworden – und doch aufwändig. Im Web fände er zwar viel Information. Bei deren Verwertung bleibe er jedoch zurückhaltend: «Zwar gibt es zu gewissen Architektur-Themen viele Infos und Bilder, verwenden darf oder kann ich sie aber für das Heft doch nicht. Es ist aber durchaus attraktiv, sich die Bauten anzusehen und damit Reisezeit zu sparen». Huber sieht weitere Vorteile: «Ich lese täglich eine Vielzahl an Online-Quellen. Beispielsweise aus der slawischen Welt – ein Spezialgebiet von mir – hätte ich wohl keinen Zugang ohne Web. Oder ich sehe mir an, was über Architektur geteilt wird.» Dies öffne Branchen-Kontakte, auch international. Wenn man einmal etwas brauche, sei man schon einmal näher dran.
Bleibt wichtig: Qualitätssicherung und Eigenständigkeit
Erleichternd für seine Recherche-Arbeit seien auch andere Online-Angebote: «Im SMD-Archiv lese ich zu Architektur-Themen die Stimmen aus anderen Epochen nach. So spüre ich die Stimmung und den Zeitgeist. Das zeigt neue Perspektiven. Andere Architektur-Journalisten nutzen das weniger.» Das Prüfen der Qualität und Relevanz der Information brauche unendlich viel Zeit. Diese Einordnung müsse man eben selber machen. «Es reicht nicht, eine Internet-Recherche abzuschreiben. Ich muss den Mehrwert selber schaffen.»
Bruchstückhafte Information verlangt nach Quellenvielfalt
Werner Huber findet im Web viel Bruchstückhaftes. Er sagt: «Jemand beginnt mit grossem Enthusiasmus ein Verzeichnis aufzubauen. Dann schwindet die Kraft, das Geld oder einfach das Engagement. Zurück bleibt eine unvollständige Datenbank.» Die früheren Standardwerke über Architektur – gebunden an einen fixen Projekt- bzw. Redaktionsschluss – seien darum verlässlicher und vollständiger gewesen. Ob Vorteil oder Nachteil, Huber meint: «Online ist immer so unfertig. Man erwartet Aktualität, aber das ist ein Irrglaube – jeder Inhalt wird älter. Drum brauche ich heute tendenziell noch mehr Quellen für ein stimmiges Gesamtbild, auf das ich aufbauen kann.»
Steckbrief
- Werner Huber, 53
- Journalist seit: 2001
- Auf Facebook seit: 2010
Weiterführend:
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