Sebastian Pertsch und Udo Stiehl sind Nerds der deutschen Sprache. In ihrem Internet-Projekt «Floskel-Wolke» sammeln sie seit Jahren Floskeln und Phrasen und messen deren Häufigkeit in deutschsprachigen Medien.
Am 11. Juni stellten sie ihr Projekt in Zürich vor. Wichtigste Erkenntnis: Floskeln und Phrasen sind überall. In den meisten Fällen sind sie harmlos bis maximal irreführend. Begriffe wie «Hochdruck», «zeitnah» oder «kalte Temperaturen» richten zwar keinen Schaden an. Sie machen Texte aber nicht besser verständlich, und können zu Missverständnissen führen. In einigen Fällen sind Floskeln aber manipulativ. In der Medienlandschaft finden sich Begriffe, die gezielt eingesetzt werden, um Meinungen zu beeinflussen. Dieses so genannte Framing – das Vorgeben und Beeinflussen von Deutungsmustern – kann propagandistische Züge annehmen. Drei Gründe:
- Floskeln wecken falsche Assoziationen: Begriffe wie «Flüchtlingswelle», «Mietexplosion» oder «Erdrutschsieg» überhöhen und dramatisieren eine Situation, indem man sich der Naturkatastrophen-Terminologie bedient.
- Floskeln verharmlosen: «Luftschlag» statt «Luftangriff»,«Steuersünder» statt «Steuerhinterzieher» oder «Multijobber» für jemanden, der mehrere Jobs annehmen muss, um zu überleben. Solche Begriffe lassen eine Situation bewusst weniger dramatisch aussehen, als sie in Wirklichkeit ist.
- Floskeln verschleiern die Wahrheit: Begriffe wie «Kollateralschaden», «Staatspresse» oder «Sozialschmarotzer» verzerren die Realität und stellen falsche Zusammenhänge her.
Fazit: Bei jeder Floskel und Phrase schwingt eine Wertung mit. Wir als Kommunikationsprofis müssen unser Bewusstsein schärfen – und tragen die Verantwortung, sorgsam mit unserer Wortwahl umzugehen.
Übrigens: Floskeln und Wortwahl sind ein wichtiger Bestandteil unserer Textwerkstatt, die wir laufend bei unseren Kunden durchführen. Mehr Infos: Angebot Textschulungen
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