Journalisten im Web: Peter Aeschlimann, Journalist Beobachter

Für ihn ist es eine Hassliebe. In den Sozialen Medien findet Peter Aeschlimann Geschichten und Personen, auf die er sonst nicht aufmerksam würde. Selbstdarsteller beobachtet er kritisch. Das Web nutzt er heute lieber für den Dialog mit seinen Leser*innen statt als Plattform für sich selbst.
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Die Serie «Journalisten im Web» portraitiert Redaktorinnen und Redaktoren und ihren Alltag im Social Web im Rahmen einer qualitativen Studie von Bernet Relations und der ZHAW. Die Zusammenfassung und Auswertung der Studie erfolgte (bereits zum dritten Mal nach 2015 und 2017) im Herbst 2019. Der Hashtag zur Studie: #jstudie19.

 Online-Junkie in der Printredaktion

«Ich würde mich als Heavy User bezeichnen. Die Facebook- und Twitter-Tabs habe ich immer offen», sagt Peter Aeschlimann, Journalist beim Magazin Beobachter. Sein Arbeitsalltag verläuft sonst eher klassisch und offline: Redaktionssitzung am Morgen, an der die Online- und Print-Journalisten zusammenkommen. Aktualitäten werden besprochen, Themen geplant, bevor jeder an seinem Platz an seinen Geschichten arbeitet oder Informanten trifft. Aeschlimann arbeitet in der Printredaktion. Das Magazin erscheint im Zwei-Wochen-Rhythmus.

Auf Twitter und Facebook holt sich der Journalist Inspiration für neue Artikel. Hier liest er Geschichten, die er in den klassischen Medien nicht findet oder Storys aus dem Ausland, zu denen er einen Schweizer Bezug herstellen kann. Das Netz ist für Aeschlimann auch eine riesige Kontaktdatenbank. Hier tummeln sich Leute, auf die er offline nicht aufmerksam würde, Persönlichkeiten, die immer wieder spannende Beiträge teilen oder Politiker, die regelmässig Sprüche raushauen.

Facebook-Post schlägt Medienmitteilung

Wer Facebook und Twitter nutzt, stösst unweigerlich auch auf zweifelhafte Quellen: Trolle, Verschwörungstheoretiker, pseudowissenschaftliche Blogger. Eine Aussage eines anonymen Twitterers schafft es erst dann in einen Artikel, wenn Aeschlimann mit der Person ein persönliches Gespräch geführt hat – am liebsten von Angesicht zu Angesicht.

Unternehmen und Konzernen folgt der Journalist auf Social Media kaum. Trotzdem interessieren ihn die Posts von Organisationen mehr als ihre Medienmitteilungen, weil er online die Reaktionen der Zielgruppen mitverfolgen kann.

Austausch statt Selbstdarstellung

Mit persönlichen Aussagen hält sich der Journalist mittlerweile zurück. In der Anfangszeit von Social-Media provozierte er gerne auf Twitter. Ob es beim «Beobachter» Guidelines gibt, kann er spontan nicht beantworten. Noch nie ist er damit in Berührung gekommen.

Aeschlimann glaubt nicht, dass seine Artikel dank Twitter eher von anderen Medien aufgegriffen werden. Er glaubt aber an das Potenzial der Plattformen, wenn es um den Austausch mit der Leserschaft geht. Die Diskussion zwischen Journalist und Lesern fördere das Vertrauen und die Leserbindung: «In einer Branche, in der das Vertrauen so angeschlagen ist wie noch selten, kann es nur von Vorteil sein, wenn man die Diskussionen auf Social Media annimmt.»

Steckbrief

Peter Aeschlimann, 42
Journalist seit 2005
Auf Facebook seit 2007
Auf Twitter seit 2011
Auf Instagram seit 2012

Weiterführend

Alle Artikel über unsere Studie «Journalisten im Web»

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