Journalisten im Web: Michael Elsener, Satiriker und Comedian

Nachrichtensatire wie sie Michael Elsener im «Late Update» von SRF betrieb, hat das Potenzial zum Auf- oder Anreger. Elsener nutzt die Social-Kanäle intensiv und nach dem Lustprinzip für die Ideensuche, für Hinweise aus dem Publikum und für den Austausch mit Fans und Kritikern.
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Die Serie «Journalisten im Web» portraitiert Redaktorinnen und Redaktoren und ihren Alltag im Social Web im Rahmen einer qualitativen Studie von Bernet Relations und der ZHAW. Die Zusammenfassung und Auswertung der Studie erfolgt (bereits zum dritten Mal nach 2015 und 2017) im Herbst 2019. Der Hashtag zur Studie: #jstudie19. 

Für die Verbreitung seiner Videos nutzt Michael Elsener die Tatsache, dass Instagram inzwischen eine sehr grosse Verbreitung hat. «Ich triggere dort mit einer einminütigen Zusammenfassung eines Kommentars oder mit der besten Minute des Videos und lotse dann die Leute zu mir auf Youtube oder Facebook.» Für längere Stücke erachtet er Youtube und Facebook als geeigneter. «Und Tik Tok finde ich spannend als Inspirations-Quelle.»

Erfolgsquote: Zwei von zehn

Bewusst gelernt hat Elsener das Handling von Social Media nicht, vielmehr war es Learning by doing. Er sieht sich denn auch überhaupt nicht als Fachmann. «Ich würde aber sagen, dass auch Agenturen, die einem versprechen, sie würden einem einen viralen Clip produzieren, dies nicht wirklich garantieren können. Es ist Trial and Error.» Er findet: Zwei von zehn Ideen, die er als Autor habe, sind wirklich gut. Und so sei das auch bei den Social-Media-Clips. Da mache man mal zehn Clips, und wenn zwei dann richtig toll funktionieren, so findet er, hat man eine gute Erfolgsquote.

Elsener hat das Gefühl, dass man bei Social Media viel rein interpretiere, wie die Mechanismen wohl funktionierten, ohne es genau zu wissen. Wenn zudem eine Social-Media-Fachperson durchschaut habe, wie Social Media funktionierten, würden Facebook und Instagram ihre Algorithmen bald wieder ändern, womit der Social-Media-Feed wieder komplett anders aussähe.
Deshalb geht Elsener nach dem Lustprinzip vor, nach seinem Mitteilungsbedürfnis «Wichtig ist, dass die Leute spüren, dass ich eine persönliche Betroffenheit habe, eine persönliche Empörung, oder dass eine Thematik so formuliert ist, wie man es noch nicht gehört hat. Das hat Chance auf Verbreitung.»

Nicht nur Hater-Kommentare

Als Elsener die öffentlichen Debatten zu bestimmten Themen verfolgte, hatte er irgendwann das Bedürfnis, selbst etwas direkt dazu zu sagen. Deshalb fing er an, seine Videos auf Social Media zu posten. Die Leute begannen dann bald, ihn zu abonnieren und mitzudiskutieren. Die einen schrieben«finde ich super» oder«da bin ich dagegen». Aber es gab auch viele, die ihn auf Dinge aufmerksam machen, die sagten «Hey Michi, hier hast Du sehr stark zugespitzt, das hier müsste man auch noch erwähnen». Solche Inputs freuen ihn sehr. Auf der anderen Seite liefern ihm Follower, vor allem über die Nachrichtenfunktionen, neue Inhalte oder weisen ihn auf neue Themen hin. Oder sie schreiben: «Wir haben jetzt dann die und die Abstimmung, mich würde wunder nehmen, was Du davon hältst. Mach bitte ein Video.»

Elsener hört viel, auf Social Media gäbe es nur Hater-Kommentare und ähnliches. Aber er macht, gerade auf seinen Kanälen, völlig andere Erfahrungen. «Die Inputs sind inspirierend. Die Debatte in der Regel konstruktiv. Der direkte Austausch mit dem Publikum bringt mich da selber weiter.» Das führte auch schon zu Folgegeschichten: «Ich machte mal ein Video über Christa Rigozzi, als sie sich mit Pro Juventute für den Schulden-Abbau bei Jugendlichen engagierte und kurz darauf Werbung machte für eine Kleinkredit-Firma. Aufgrund dieses Videos meldete sich jemand, der von einer Familie berichtete, die wegen Kleinkrediten in eine Schuldenfalle geraten war. Durch diese Familie lernte ich noch zwei weitere Fälle kennen und produzierte deshalb ein zweites Video nur zur Thematik der Kleinkredite.»

Elsener geht grundsätzlich allen Hinweisen nach, die ihm zugeschickt werden, und führt zumindest eine kurze Recherche durch. «Wie soll ich sonst sagen können, dass das, was reinkommt, nicht vertrauenswürdig sein soll?» Das seien alles Menschen, die aufgrund eines Videos aktiv wurden. Also könne er annehmen dass sie sich für das Thema interessieren. Wenn ihm dann jemand etwas schickt, nimmt er das deshalb ernst und findet es spannend. «Es macht sich ja grad jemand die Mühe, ein paar Fakten oder Links für mich zusammenzutragen. Es liegt dann an mir zu prüfen, ob das alles wirklich wasserdicht ist.»

Ältere sind schneller

Late Update kennen viele nur als Schnipsel von Social Media, so Elsener. «Social-Media-Kanäle sind eine ideale Ausspielplattform für eine solche Sendung, weil man unglaublich schnell Rückmeldung bekommt. Ich finde spannend zu sehen, welche Wechselwirkung es zwischen Social Media und den traditionellen Medien gibt.» Er merkte das zum Beispiel beim No-Billag-Clip oder auch beim Clip über das Klima mit Fuck-de-Planet: «Wenn ich ein Video poste und es zackig eine hohe Anzahl an Views erreicht, wird es von Journalisten in die Berichterstattung aufgenommen.» Dies führe dann relativ schnell dazu, dass seine Grosstante komme und sage, sie habe nun eben mein Video gesehen. Sie sei nicht auf Instagram oder Facebook drauf gestossen, sondern als tägliche Zeitungsleserin. «So wird die ältere Generation manchmal schneller auf ein Video aufmerksam als Teenager, die das Video erst fünf Tage später sehen, nachdem es ihnen andere empfohlen haben.» Die Digital Immigrants seien da manchmal schneller als die Digital Natives.»

Lieber Menschen als Organisationen

Elsener folgt viel lieber direkt Politikerinnen und Politikern als Parteien. «Der Einsatz von Social Media ist bei Parteien in den letzten Jahren sehr viel professioneller geworden. Bei den persönlichen Profilen der Politikerinnen und Politikern merkt man noch: Es ist die Person selber, die hier schreibt und postet. Vielleicht noch ein Berater. Aber keine Abteilung mit mehreren Instanzen.» Entsprechend wirkten die Posts authentischer, und es laufe halt auch mal etwas schief. «Da wird schneller einmal aus einem emotionalen Affekt getwittert.»

Alter: 33
Funktion: Satiriker und Comedian
Früher Macher von Late Update, Journalist, Redaktor bei Radio DRS (2004-2012)
Einstieg in die Social Media Welt: via StudiVZ, dann Facebook, Youtube.

Weiterführend:
Alle Artikel über unsere Studie «Journalisten im Web»  

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