Die Serie «Journalisten im Web» portraitiert Redaktorinnen und Redaktoren und ihren Alltag im Social Web im Rahmen einer qualitativen Studie von Bernet Relations und der ZHAW. Die Zusammenfassung und Auswertung der Studie erfolgte (bereits zum dritten Mal nach 2015 und 2017) im Herbst 2019. Der Hashtag zur Studie: #jstudie19.
«Im Lokaljournalismus solltest du immer von Exklusivität ausgehen – zumal als Wochenzeitung ohne Newsdruck – und wenn etwas auf Facebook erscheint, dann ist es eben öffentlich und potenziell breit bekannt», sagt Lorenz Steinmann, Recherche-Journalist für die Lokalinfo AG, die fünf Zürcher Lokal- und Quartierzeitungen herausgibt. Und weiter: «Unser Lokaljournalismus ist sehr ‚oldschool‘. Die Leser nehmen eher den Hörer in die Hand und rufen an. Oder wir sehen sie an einem Anlass oder Spaziergang. Bei Social Media bist du selten allein mit den Informanten.» Im schnellen TV/Radio sei das nicht so schlimm. «Wir als Wochenzeitung sind hier langsamer. Allerdings nutzen wir schon auch die Möglichkeit, auch mal etwas schneller Online zu veröffentlichen.»
Sorgfältiger Quellencheck ist gerade lokal wichtig
Auch bezüglich Sicherung von Quellen und von Qualität ist die Ausgangslage im Lokaljournalismus speziell. Steinmann: «Durch den Wochenrhythmus haben wir genug Zeit für einen sorgfältigen Quellencheck. Wir arbeiten nicht so hektisch.» Die Qualität hingegen sei eben gerade im Lokalen sehr wichtig. «Lokaljournalismus ist so anspruchsvoll, weil die Leute viele Details aus dem Quartier sehr genau kennen. Man weiss Bescheid, kennt die Protagonisten, Strassennamen, jedes Detail. Wir müssen sehr sorgfältig arbeiten.» Den Austausch mit dem Lokalpublikum pflege man indes durchaus. Wenn auch eher «gepflegt und im Direktkontakt».
Guter Online-Service von Kommunikations-Stellen
Eine Entwicklung der professionellen Kommunikation seitens Unternehmen und Organisationen erlebt Lorenz Steinmann deutlich: «Der Service ist teilweise wirklich ausgezeichnet. Spannend finde ich: Die Medienkonferenz stirbt aus – es braucht sie nicht mehr. Die Zeiten sind vorbei, wo jemand etwas präsentiert, das man eigentlich schon weiss. Das fordert die Journalisten. Früher konnte man noch so tun, als hätte man alles recherchiert. Dabei war ja vieles schon vorgefertigt.» Heute müssten die Medienschaffenden noch viel mehr einordnen, Zusammenhänge und Hintergründe erkennen. Steinmann blickt durchaus positiv in eine spannende Zukunft: «Einfach abbilden reicht nicht mehr, es braucht eine grössere journalistische Leistung. Ich bin entspannt, was die Zukunft des Journalismus betrifft: Die Informationslust bleibt und es braucht die Arbeit weiter.»
Steckbrief:
Alter: 54
Funktion: Lokaljournalist
Journalist seit: 2006 (vorher u.a. PR bei der Stadt Zürich)
Social Media: Facebook seit 2008 (meist passiv)
Weiterführend
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Foto: Alfonso Smith