Ist die KI Heilsbringerin oder Totengräberin? Eine Frage, die in vielen Branchen hoch aktuell ist. Auch im Journalismus. Dabei sind die Herausforderungen so schon gross. Die Auflage von klassischen Zeitungen sinkt seit Jahren und die Werbeinnahmen brechen weg. Nutzniesser primär Google und Meta. Das sagen die neuen Zahlen der Stiftung „Werbestatistik Schweiz“. Und das zeigt sich heute auch mit der gerade kommunizierten Einstellung der Print-Ausgabe von 20 Minuten per Ende 2025.
Nun droht mit KI neues Ungemach. Schliesslich schreiben die Large Language Modelle (LLM) auch ausführliche Texte in wenigen Sekunden. Und liefern auf Wunsch auch gleich die passende Bebilderung. Zumindest in der Theorie, denn selbstverständlich ersetzt KI die klassische Recherche kombiniert mit gutem Storytelling (noch) nicht. Kommt dazu, dass Rezipient:innen mit KI-generierte Texte skeptisch betrachten. Generationenübergreifend. Und unabhängig davon, wie viele Berührungspunkte sie mit KI zuvor schon hatten.
Viele Journalist:innen überlegen sich Berufssausstieg
„Das Vertrauen unserer Leser:innen ist unser wertvollstes Gut“, sagte dann auch Nadia Kohler, Head of AI Lab bei Tamedia auf eine entsprechende Frage im Rahmen des Aipéro von CPLTS. Entsprechend gäbe es im Unternehmen klare Richtlinien für den Einsatz von KI. Eines der Vorzeigeprojekte: Journalist:innen des Tagesanzeigers können das hauseigene Archiv per Chatbot befragen und haben so alle für Recherchen relevanten Artikel innert Sekunden beisammen. In abgewandelter Form ein Use Case für ganz viele Unternehmen. Bei Tamedia steht zudem eine Toolbox mit verschiedenen Tools – nicht nur für die Redaktion – bereit. Leser:innen auf der Gegenseite können sich Artikel beispielsweise von der KI vorlesen lassen.
Für Nadia Kohler ist klar, dass die Tools auch zur Effizienzsteigerung beitragen. Doch das sei aufgrund der kleineren Redaktionen ein wichtiges Bedürfnis. Und keine Sparmassnahme. Und die Journalist:innen? Viele machen sich Sorgen um ihre berufliche Zukunft. Gemäss einer noch unveröffentlichten Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) denken 43 Prozent der 1899 befragten Schweizer Journalist:innen regelmässig an eine Berufsaufgabe. Und auch die im Text der Republik erwähnten anonymen Gespräche stimmen nicht positiv.
Mein Tipp: mit KI arbeiten, reflektieren und Expert:innen auch mal ignorieren
Wie nun also umgehen mit der KI – als Journalist:in und in anderen Branchen? Mein persönlicher Tipp: sich aktiv damit auseinandersetzen. Denn KI ist gekommen, um zu bleiben. Und je besser wir verstehen, was in unserem persönlichen Kontext damit möglich ist, desto klarer können wir auch unsere nächsten (beruflichen) Schritte planen. Das heisst nicht, dass wir uns täglich stundenlang mit den neuesten Tools abmühen müssen. Und auch die ständigen News und Ankündigungen von – oft selbsternannten – KI-Expert:innen dürfen wir getrost ignorieren. Aber wir sollten den Einstieg wagen. Etwa in dem wir tägliche Aufgaben mithilfe von KI reflektieren, automatisieren und die künstliche Intelligenz als Sparring-Partnerin nutzen. Um in Iterationen noch bessere Ergebnisse zu erzielen. Dank immer stärkerer Integration in Business-Suites ist die Hürde so tief wie nie zuvor. Zeit, dass wir alle drüber springen.
Weiterführend:
Titelbild: Joylynn Goh auf Unsplash.com