Jeder Mitarbeiterfrust, jede Kundenreklamation kann heute ein breites Publikum erreichen. Wer am Markt bleiben will, muss die Gesprächskultur des Social Web kennen – und dabei auch einmal einstecken können.
Dieser Anstoss zeigt, wie Sie
- ihre Gesamtsicht schärfen
- besser zuhören
- daraus handeln und lernen
Die Harvard Business Review sagt: «Unhappy customers, unhappy contractors, unhappy employees: none of them needs to suffer in silence.» Und weil deren Unmutsäusserungen jetzt öffentlich sind, leiden die Unternehmen, die sich mit ihren Social-Media-Engagements öffnen.
Wer nicht gleich bei jedem Angriff an der Decke klebt, lernt viel. Über die Anliegen seiner Mitarbeitenden, seiner Lieferanten, seiner Kunden. Der Dreiklang für Dialoge im Zeitalter des Mitmach-Web heisst «Führen, Zuhören, Handeln»:
Führen: Folge einer Gesamt-Strategie
Am Beginn jeder Kooperation steht die Ausrichtung auf Unternehmensziele mit Kunden, Lieferanten und Mitarbeitenden. Der Fokus auf ihre Bedürfnisse wird wichtiger – wenn Sie viele Kanäle schnell und mit einer Gesamtsicht bespielen wollen. Kern dieser Gesamtsicht ist die Inhaltsstrategie. Eine starke Online-Präsenz entsteht nur mit inspirierenden, auf die Plattformen zugeschnittenen Texten, Bildern, Videos. Der Online-Auftritt wird der wichtigste Kanal für Reputation und Reichweite. In der richtigen Kombination verstärkt er die weiterhin wichtigen persönlichen Kontakte und Printprodukte.
Zuhören: Zum Mitmachen einladen
Schweizer Organisationen nennen als wichtigstes Ziel ihres Social-Media-Engagements den externen Dialog – doch Zuhören beginnt in der Organisation selbst. Verfügt das Intranet über eine Kommentarfunktion? Hat der CEO nur im vertrauten Kreis der Geschäftsleitung offene Ohren? Wer seinem Team Widerspruch zutraut, ist besser aufgestellt für das neue Marktgespräch. Und wer Mitarbeitende ernst nimmt, der öffnet den Zugang auf Facebook auch am Arbeitsplatz. Mit klaren Regeln.
Kommentarfelder hinstellen genügt nicht. Wer an Gesprächen interessiert ist, lädt dazu ein. Stellt Fragen. Lässt Produkte mitgestalten. Belohnt Echos und umgesetzte Ideen. Das bedingt auch Ressourcen für das Sichten, Beantworten und Bewerten von Inputs.
Dieser Austausch verlangt grosse innere Ruhe. Denn die Beiträge werden nicht immer sachlich, konstruktiv oder klar sein. Kommentare und Bewertungen sind schnell abgesetzt, mit Kritik profiliert man sich und mit der eigenen Identität muss man es nicht überall so genau nehmen. Nicht jeder Kommentar muss beantwortet sein, oft übernimmt auch die Community den Umgang mit notorischen Querschlägern. Und doch ist jede Kritik, jedes Lob ein Anknüpfungspunkt. Das Gegenüber freut sich über Reaktionen, Zusatzinfos, ein Dankeschön.
Handeln: Lass Taten folgen
Der Kreis dieser Anstrengungen schliesst sich in Taten. Wenn interne und externe Echos Veränderungen auslösen; zu besseren Prozessen, Produkten und Dienstleistungen führen.
Eine Studie von Forrester/Dell zeigt, dass Zuhören als reines Monitoring bereits von knapp 90 Prozent der befragten mittleren bis grossen US-Unternehmen eingesetzt wird. Echos beantworten 80 Prozent, 64 Prozent implementieren Ideen, 31 Prozent belohnen Echos mit Sonderangeboten, Rabatten oder anderen Anreizen.
Wieder gilt es, die Gesamtsicht und die unternehmerischen Ziele nicht aus den Augen zu verlieren. Welche Ideen bringen uns weiter? Wie setzen wir sie um – und wie informieren wir unsere Gesprächspartner darüber?
Wo verzichten wir bewusst auf Miteinbezug – weil wir weder die Bereitschaft noch die Ressourcen haben, auf Anstösse einzugehen?
Mit jeder Frage, jedem Produkt und jeder Kampagne, die zur Diskussion gestellt werden, wächst das Wissen um die Bedürfnisse und Erwartungen der internen und externen Gesprächspartner. Entsprechend lassen sich der Social-Media-Dialog und die eingangs erwähnte Gesamtstrategie anpassen und optimieren.
Online-Dialog ist nichts für Mimosen und Monopolisten. Unternehmen und Organisationen lernen erst, wie sich dieses neue Gespräch gestalten lässt. Der Dreiklang «Führen, Zuhören, Lernen» wird nie einfach und es werden nie alle zufrieden sein.
Reden Sie weiterhin persönlich mit Ihren Kunden, Mitarbeitenden, Lieferanten – damit sie nicht dort landen, wo uns Sheryl Turkle in der NY Times sieht: «Wir ersetzen Konversation durch blosse Vernetzung.»
Weiterführende Informationen
- Listening and Engaging in the Digital Marketing Age, Dell/Forrester-Studie 2011
- Revolution von oben: Porträt eines Unternehmens, das nach Mitmach-Regeln der Piraten-Partei geführt wird, in brandeins
- Facebook: 10 Regeln zur Kommunikation mit Fans von Projecter Online Marketing
- Anstoss Oktober 2011: Achtung Krise: Ruhig bleiben im Zeitalter von Shitstorms
- Facebook-Netiquette: Hausordnung für alle Fälle
- Anstoss Februar 2012: Inhalt macht den Unterschied: Tipps für mehr Relevanz