Letzte Woche habe ich an einem Vortrag an der HWZ gehört, dass Wikipedia als Quelle für Diplomarbeiten gestrichen wurde. Und am Wochenende gelesen, dass die Kommunen-Datenbank gemäss Stern-Umfrage den Brockhaus schlägt.
An einer Sitzung des MAZ-Wirtschaftsbeirats konnte ich unsere Web 2.0-Studie vorstellen. Dabei kam die Diskussion auf Wikipedia. Interesseantes Statement von Cyril Meier, Studienleiter an der Hochschule für Wirtschaft Zürich HWZ: «Wir akzeptieren keine Wikipedia-Quellen mehr für sämtliche Diplomarbeiten. Das ist als Quelle einfach nicht wissenschaftlich.»
Womit ich nicht einverstanden bin. Das Verifizieren, Einschätzen, Überprüfen von Quellen gehört seit Urzeiten zur akademischen Grundbildung. Jetzt gleich Wikipedia als Ganzes auf den Kodex zu stellen, schüttet das Kind mit dem Bade aus. «Quellenkompetenz» wäre doch ein wichtiges, neues Fach in allen Lehrgängen. Und dann muss man eben auch wissen, wie man mit Wikipedia umgeht.
Interessante Ergänzung von Alfred Raucheisen, Leiter des IKM an der Hochschule Luzern: Wikipedia ist erlaubt. Aber das Problem sind einerseits globale Links (auf die Startseite, weil die Unterseite nicht direkt ansprechbar sei) und anderseits tote Links (weil bis zur Abgabe des Papiers sich die Internet-Adresse geändert hat).
Wikipedia aktueller, richtiger – aber weniger verständlich
Und gerade braust eine Agenturmeldung durchs Web: Wikipedia schlägt den Online-Brockhaus. Der Stern hat den «Wissenschaftlichen Informationsdienst Köln» zu einem Test beauftragt. 50 zufällige Einträge aus verschiedensten Rubriken wurden nach Richtigkeit, Vollständigkeit, Aktualität und Verständlichkeit bewertet. Hier der ganze Stern-Test.
Die Gesamt-Schulnote nach deutschem Muster: 1.7 für Wikipedia, nur 2.7 für die Online-Ausgabe des 15-bändigen Brockhaus. Na ja. Wikipedia gewinnt punkto Aktualität – Pavarotti lebte im Online-Brockhaus sogar noch am 2. Dezember, die Mitmach-Datenbank hatte am Todestag bereits aktualisiert. Sogar punkto Richtigkeit gewinnt Wikipedia, wow. Nur bei der Verständlichkeit sehen die Experten den Online-Brockhaus vorne. Weil er weniger kompliziert und weniger weitschweifig formuiere.
Liebe Quellensuchende und Quelleneinschätzer: Am Ball bleiben.
Ich halte das Verbot, Wikipedia in einer Diplomarbeit zu zitieren, für richtig. Das heisst nicht, dass ich Wikipedia nicht eine tolle Sache finden würde – die meisten Studis, ich eingeschlossen, wären ohne das Ding inzwischen völlig aufgeschmissen. Aber auch wenn die Jekami-Enzyklopädie in Vergleichen alles von Brockhaus bis zu Britannica schlägt: Ein Restrisiko, dass die angebotenen Informationen, zumindest zeitweilig, völliger Humbug sind, bleibt. Und dieses Risiko darf eine wissenschaftliche Arbeit nicht eingehen. Deshalb: Wikipedia konsultieren, um einen ersten Einblick in ein Thema zu erhalten oder weiterführende Literatur zu finden – jederzeit. Aber als Quelle hat Wikipedia in einer Diplomarbeit nichts zu suchen.
Genau – Quellenkompetenz ist das Stichwort.
Heisst wohl: Wikipedia als Einstieg, verifizieren und belegen dann über bspw. die Literaturangaben; ganz Aktuelles zusätzlich verifiziert und belegt über weitere Internet-Angaben.
Auch hier gilt: Dogmen geben zwar den Unsicheren halt, den Rest der Menschheit ersticken sie..
@jürg und @nico: der schlüssel liegt in der verifikation. für jede quelle, oder nicht? früher haben alle einander abgeschrieben, dass die erde flach ist. ist eine information richtig, weil sie gedruckt ist und von jemandem stammt, der den doktortitel hat? vielleicht ist die wahrscheinlichkeit höher, dass sie richtig ist.
Ich halte das Verbot für unnötig – und zwar deswegen weil die Wikipedia letztlich ein sehr gutes aber trotzdem nur allgemeines Lexikon ist. Damit ist sie als Ausgangspunkt zwar gut geeignet, bleibt aber in den meisten Artikeln zuweit an der Oberfläche, als dass man auch nur in die Versuchung käme diesen in einer Diplomarbeit zu zitieren. Ergo: Super als Ausgang aber in der Regel nicht zitierfähig. Wie übrigens auch alle anderen Allgemeinen Lexika inkl. Brockhaus und Co. So ist es zumindest an meiner ehemaligen Hochschule.