Ja, und jetzt tue auch ichs. Etwas schreiben über das neue Online-Fachartikel-Konzept von Google. Die Agenturmeldung rauschte durch alle Blätter, spiegel.de hat mir einen Blick hinter die Kulissen geöffnet. Google wird zum Verleger für Fachartikel. Dank gratis arbeitenden Fachautoren. Wenn alles klappt.
Am 13. Dezember hat Google auf dem eigenen Blog ein weiteres Beta angekündigt: knol. Das soll eine Plattform werden, auf der Autoren dazu aufgefordert werden, «ihr Wissen beizutragen». Alles noch in der Testphase. Eine erste Autorengruppe wurde eingeladen, ihre Fachbeiträge zu liefern. Google will nicht editieren, die eingeladenen Fachleute sind frei im Formulieren. Die Artikel kann man dann kommentieren oder bewerten.
Daraus wurde dann in den Agenturmeldungen gleich «Wikipedia erhält Konkurrenz». Na ja. Wieso kann man davon ausgehen, dass eine bestimmte Zahl handverlesener Autorinnen und Autoren besser schreibt als die grosse Menge der Wikipedia-Autoren? Wer stellt die laufende Akualisierung sicher? Da die Autoren bei knol ja gratis schreiben müssen, steckt die Motivation in der Sichtbarkeit auf einer Google-Plattform. Sichert das Qualität?
Der Beitrag im Spiegel Online wirft ebenfalls einen kritischen Blick ins Projekt. Hier der aussagekräftige Schluss:
Chancen dürfte knol trotzdem haben. Wissensportale sind ein Trend, der im nächsten Jahr so manche Inkarnation erleben wird. Auch weil knol eher die Welt der Verlage als der Community-Projekte berührt, hat es gute Chancen: Die Nachteile gegenüber der Wikipedia fallen kleiner aus als die Vorteile gegenüber der Welt der Fachverlage. Der Rest entscheidet sich – wie immer im Web – vor allem an einer Frage: Wird es Google gelingen, die nötige kritische Masse zu erreichen, um den Netz-Nutzern die Inhaltfülle bieten zu können, die diese einfach erwarten?
Auch der Name Google ist keine Garantie. Die Zahl der gescheiterten oder erfolgfrei vor sich hinplätschernden Google-Projekte ist größer als die der Erfolge. Als Dienstleister ist Google eine Macht, an der heute niemand mehr vorbeikommt. Die Bereiche, in denen sich die Firma bisher vor allem blaue Augen abholte, sind ausgerechnet Community und Wissen. knol liegt genau auf der Schnittstelle.
Dafür ist der Name Google in der Agenturmeldung Garantie für flächendeckende Wirkung. Dieser Screenshot des knol-Beta-Portals verdanke ich spiegel online, im Google-Blog-Beitrag ist der Download irgendwie unmöglich.
Mich wundert vor allem, dass das Projekt überwiegend wohlwollend – beispielsweise als Chance für SEO und Online Reputationsmanagement – diskutiert werden. Was es bedeutet, wenn ein Suchmaschinenbetreiber unter die Content-Produzenten geht und den eigenen Content in der ebenfalls eigenen, marktdominierenden Suchmaschine bevorzugen will, wird dagegen bisher nur wenig thematisiert (ich hab’s hier mal kurz angerissen. http://2big.at/v3x)
@thomas: du hast recht. wie immer, wenn neue claims abgesteckt werden – zuerst monopol attackieren, dann schnell das eigene ausbauen. dazu rupert murdoch: «monopole sind schrecklich. bis man selber eines hat.»
Hab mir gerade mal wieder ein Video von Google angesehen, welches auf 3Sat gesendet wurde. Google ist fast überall, aber KNOL wird nicht sofort die Wikipedia überholen. Glaube eher an einen Kauf.