Ist die Fake-News-Debatte eine Chance für den Journalismus? Am Swiss Media Forum 2017 diskutierten VIPs aus der Medien- und Kommunikations-Branche über die Herausforderungen von Medienhäusern, Qualität im Journalismus und Medienvielfalt.
bernetblog war am ersten Tag des Swiss Media Forums dabei. Drei Schwerpunkte haben uns besonders interessiert.
Journalisten als Punching Bags von Donald Trump
Für Philip Rucker, White House Bureau Chief der Washington Post, ist die Debatte über Fake News ein Ansporn, noch besser und sorgfältiger zu arbeiten. Er bezeichnet die Debatte als Chance. US-Präsident Donald Trump stufe die Medienberichte als Fake News ein, weil er direkt zu seinen Unterstützern sprechen und die Journalisten umgehen wolle, so Philip Rucker.
Der Punching Bag von Trump zu sein, beschreibt Philip Rucker als kein gutes Gefühl. Trump stehe womöglich im Krieg mit den Medien – «Wir nicht, wir sind an der Arbeit», betonte er.
Er und seine Kollegen wollen Trump besser verstehen: warum tut er, was er tut? Das hohe Mitteilungsbedürfnis des Präsidenten auf Twitter und Co. hat zu einer Aufstockung der White-House-Redaktion geführt: von drei bis vier (unter Obama) auf heute sieben Journalisten. Aus ökonomischer Sicht sei Trump also gut für den Journalismus, hielt Philip Rucker lachend fest.
Die Zukunft des Journalismus ist eine Frage der Sichtweise
Die Chancen sind mindestens so gross wie die Herausforderungen, strich Pietro Supino, Verleger Tamedia und Präsident Verband Schweizer Medien, in seinem Referat heraus. Es sei eine Frage der Sichtweise: Bündelt man die Kräfte, steigert man die Qualität und reduziert die Vielfalt – und umgekehrt. Hintergrund: Tamedias Ankündigung im August, die Zeitungsredaktionen neu aufzustellen. Mehr dazu: Tamedia: neue Organisation der Zeitungsredaktionen und Wachstumsinitiativen (Medienmitteilung, 23.8.2017)
Das Interesse an Content sowie die Breite des Angebots sei noch nie so gross gewesen, so Pietro Supino. Um sich eine eigene Meinung bilden zu können, müsse man die Medienkompetenz früh entwickeln, bereits in der Schule. So erkenne man die Qualität von Journalismus und könne sich eine Meinung bilden, was das Rückgrat unseres föderalistischen Systems sei, betonte Pietro Supino.
Demokratie braucht Medienvielfalt
Zum Abschuss des ersten Tages richtete Bundesrätin Simonetta Sommaruga ihr Wort an das Fachpublikum. Auch sie beschäftigt das Thema Fake News: «(…) Was wir heute unter dem Schlagwort Fake News erleben, ist das Gegenteil von dem, was Journalismus seit jeher auszeichnet: den Willen zur Wahrheit», hielt die Bundesrätin fest. Fake News zielen vor allem darauf ab, zu manipulieren – die Leserschaft absichtlich zu täuschen. Mit journalistischem Handwerk habe das nichts zu tun. Das sei nicht nur für die Medien ein Problem, sondern auch für unsere Demokratie.
Simonetta Sommaruga hielt fest, dass die Bedingungen für die Medienbranche schwierig seien und sie die geleistete Arbeit anerkenne. Sie forderte die Vertreterinnen und Vertreter der Medienbranche auf, mit Lösungsvorschlägen zu kommen: «(…) Unsere Demokratie braucht Sie, und zwar in Ihrer ganzen Vielfalt. Eine Zeitung allein kann nicht die ganze Realität abbilden (…).»
Mein Fazit: Jede Veränderung eröffnet Chancen. Das gilt auch für die Medienbranche. Die am Forum teilweise hart und kontrovers geführten Diskussionen sind Teil des Umbruchs. Veränderungen schmerzen und schaffen Raum für Neues: für kreative Ideen und innovative Lösungen. Der Journalismus ist nicht am Ende, sondern Teil der Zukunft.
Weiterführend:
alle bernetblog-Beiträge über das Swiss Media Forum (2012-heute)
Rede von Bundesrätin Simonetta Sommaruga