Der 17. Social Media Gipfel fand in Bern statt und drehte sich um Evaluation – dabei ging es aber nicht nur um Kennzahlen, Messmethoden und Zielerreichung. Die beiden Referenten Monika Akeret von PostFinance und Tobias Roder von der Kaffeebar Wartsaal gaben Einblick in ihre Erfahrungen bei der Auswertung der Social Media Aktivitäten. Die Evaluation ist fixer Bestandteil des Social Media Engagements, ob im KMU oder Grosskonzern – wenn auch mit unterschiedlichen Absichten.
Wie wertet man als Finanzinstitut die Kommunikation mit seinen Fans über die sozialen Netzwerke? Monika Akeret, Leiterin Social Media & Onlineredaktion bei PostFinance ist verantwortlich für die Social Media-Aktivitäten auf Facebook, Twitter,YouTube und Xing und arbeitet in einem Dreierteam. Die rund hundert Stellenprozent sind dem Bereich Öffentlichkeitsarbeit zugeordnet. Für Monika Akeret steht fest: auch bei Social Media muss ein klares, erreichbares Ziel formuliert werden. Die PostFinance agiert mit dem Claim «Im Dialog schaffen wir einen Service, der begeistert». Im Vordergrund steht der Mehrwert für den Kunden sowie die Problemlösung: Kommunikation auf Augenhöhe. Jahresziele werden keine formuliert. Die Evaluation fokussiert so auf die qualitativen Aspekte.
Gefallen wir den Fans?
Wie merkt man, ob man ankommt? Eine Online-Umfrage im letzten Herbst bei rund 360 Konzern-Mitarbeitenden und Facebook-Fans gab Aufschluss. Abgefragt wurde die Meinung zu Erwartungen, Themen, Bereitschaft für Interaktion sowie eine Gesamtbewertung wie der Auftritt ankommt:
- 42 Prozent der Mitarbeitenden konsumieren die Inhalte passiv
- Die Top-3-Themen sind Wettbewerbe, News zum Privatkundengeschäft sowie zu Sport- und Kulturengagements
- Die Erwartungen der Befragten wurden erfüllt und der Gesamtauftritt als glaubwürdig und sympathisch eingestuft.
Ein amüsiertes Raunen ging durch die Runde der Besucher des 17. Social Media Gipfels als Monika Akeret auch die Bewertung «wenig unterhaltend» mit den Zuhörern teilte. Erkenntnisse aus der Befragung sind
- Der Dialog darf durchaus mehr angestossen werden
- Die Fans sind wohlwollend und die Angst vor Kritik und Nörglern unbegründet
- Die Fans sind nicht umsonst fan – sie sind ehrlich und verteidigen die PostFinance auch bei Kritik.
Evaluation der Entwicklung und der eigenen Aktivitäten
Neben der Online-Befragung nutzt die PostFinance weitere Tools. Nebst Facebook-Insight erstellen sie Massnahmenreports mit dem Reporting von Mike Schwede. Vorab festgelegte Kennzahlen helfen zu vergleichen und intern als Erfolgskontrolle zu nutzen. Relevant sind die Anzahl Statistiken, Postings, Reichweite, Fanzahl-Entwicklung, Feedbacks, Kampagnenanalyse, Learnings und Massnahmen. Erkenntnisse für Verbesserungen werden auch aus den Feedbacks zu einzelnen Kommentaren abgelesen: welche werden intensiv diskutiert oder interessieren am meisten? Auch die eigenen Aktivitäten werden ausgewertet: Wie oft wird gepostet? Welche Themenbereiche kommen besonders oft oder wenig zum Zug?
Evaluation entwickelt sich weiter
Aus den Erkenntnissen des vergangenen Jahres hat die PostFinance weitere Schritte für die Evaluation festgelegt. Dazu gehört, die Reportings mit dem Konzern abzustimmen, das Monatsreporting weiterzuentwickeln, die Zusammenarbeit mit dem Webanalyse-Team zu verstärken, Image-Kampagnen mit messbaren Zielen und Kennzahlen zu definieren sowie Mitbewerber und Branche zu beobachten.
KMU: Erfolg ist, wenn Gäste Umsatz machen
Tobias Roder ist ein Hansdampf in allen Gassen. Zur Hälfte als Lehrer tätig, kulturell engagiert beim Buskers, Mitbegründer der Berner Kaffeebar Wartsaal, selber hinter dem Tresen tätig und verantwortlich für die Social Media. Die Strategie der Social Media Aktivitäten ist einfach: es gibt keine. Doch Ziele gibt es durchaus. Erfrischend schilderte Tobias Roder wie der Wartsaal in die Social Media Welt geschlittert ist. Interessant beim Wechsel von der Evaluation beim Grosskonzern zum KMU: Hier wird ausgewertet, wie sich eine Aktivität auf den Umsatz auswirkt, ganz direkt.
Von der Notlösung zum Treiber
Der Wartsaal wurde als kleine feine Kaffeebar gegründet mit einem Angebot für Mittag- und Abendessen. Veranstaltungen von Lesungen bis «Musig-Rate» sowie das «b-lesen»-Büchergestell der unabhängigen Buchhandlungen Bern lassen vermuten, dass beim Wartsaal ein paar Dinge anders laufen. So war die Präsenz auf Social Media eher eine Notlösung. Eine Facebook-Seite sollte die Zeit bis zur eigenen Website überbrücken. Was vielversprechend begann: Seite aufgesetzt, Event kreiert, 200 Anmeldungen, 1’000 Besucher vor Ort bei der Eröffnung, 400 Facebook Fans in den Folgetagen. Und dann? «Die wollten Bilder. Wir wussten gar nicht was machen. Und haben nichts gemacht». Als die Gäste nach dem Sommer ausblieben, wurde wieder an die 400 wohlgesinnten Facebook-Fans gedacht. Und der Facebook-Auftritt reaktiviert. Als noch immer wenig lief, setzte Tobias Roder mal einen Twitteraccount auf. Und testete. Er meint: «Einfach ausprobieren auf Social Media, wenn’s nicht funktioniert was anderes machen». Das ist wohl dann ein bisschen zur Strategie geworden. Folgende Ziele verfolgt Tobias Roder:
- Im Kopf der Gäste bleiben: Postings zum Tagesmenü sollen animieren, im Wartsaal zu essen. Die Postings kommen direkt aus der Küche und werden von rund 500 bis 700 Leute gesehen. Das Wichtigste sei, immer wieder daran zu erinnern, dass es da eine Kaffeebar gibt und man da wieder einmal hin könnte. Möglichst einfach reservieren zu können, senkt die Hemmschwelle – via Twitter funktioniert das bestens. Fast immer. Bilder und Tweets rufen in Erinnerung, dass man etwas verpasst, wenn man nicht in den Wartsaal geht. Und es wirkt: Der Umsatz von Januar 2012 und Januar 2013 hat sich enorm erhöht. Aktuell haben sich die Umsatzzahlen zum Vormonat verdoppelt.
- Neue Kunden gewinnen: Auf Facebook startete Tobias Roder die Frage, welches Schweizer Spezialitätenbier man kenne und auf der Wartsaalkarte möchte. Rund 1’700 Leute beteiligten sich. Beeindruckend: 191 waren eigene Fans, die Weiteren waren neue. Nicht nur die neuen Kunden, auch die bestehenden werden gepflegt. Auf ein kritisches Feedback via Twitter reagierte der Wartsaal mit einem Gutschein – und erhielt als Dank Interaktion. «Unzufriedene Kunden werden so zu zufriedenen Gästen», so Tobias Roder.
- Medienpräsenz: Der Medienkontakt und Goodwill besteht schon durch die lokale Nähe des Lorraine Quartiers. Von Aussen ist man sicher – auch die Authenzität und die unaufgeregte Begeisterung für die Idee macht’s. Die Einbindung von Facebook und Twitter gelingt auch mit den Medien – sei es für Kontakt oder Streuung im Medium selbst. Die häufige und wohlwollende Berichterstattung sei «sicher nicht nur wegen Social Media, aber eben auch».
Momentan laufen alle Kurven, ob Umsatz, Likes oder Follower nach oben. «Also läuft es wohl nicht schlecht», zieht Tobias Roder bescheiden Zwischenbilanz. Er möchte noch vermehrt den Dialog suchen. Facebook und Twitter Aktivität sollen auch im Lokal selbst und auf Flyern integriert werden. Und mit einer neuen Website will er die Chance nutzen und alle Kanäle verknüpfen. Auf die Frage, auf welchen Kanal er am ehesten verzichtet würde, ist schnell klar: «Twitter ist anstrengend, aber bringt mehr als Facebook».
Ausschnitte vom 17. Social Media Gipfel aus den Referaten sowie Statements der Referenten und Besucher:
20130206-socialmediagipfel-6-februar from socialmediagipfel on Vimeo.
Die Folien des 17. Social Media Gipfels
Weiterführende Informationen:
bernetblog-Beitrag «Social Media Evaluation: Wie man Interaktion misst und vergleicht»
alle bernetblog-Beiträge über den Social Media Gipfel
bernetblog Ankündigung «Social Media Gipfel: Erfolgskontrolle – im KMU und Grosskonzern»
Handout zu den Referaten von Monika Akeret, PostFinance und Tobias Roder, Wartsaal
alle Tweets zu #smgbe
Die Bilder vom 17. Social Media Gipfel in Bern