Die Schweizer Versicherung Helvetia führt seit fünf Monaten einen Corporate Blog. Dafür wurden klare Social Media Ziele festgelegt und Ressourcen geschaffen. Über den Blog will Helvetia einen emotionalen Zugang zu den eher komplexen Themen des Versicherungswesen schaffen und mit den Usern in den Dialog treten.
In unserer aktuellen Serie «Blogger im Profil» stellen wir den Helvetia Blog vor. Der Corporate Blog war eine strategische Entscheidung der Geschäftsleitung. Der Nutzen steht im Vordergrund und wird an definierten Kennzahlen gemessen, erzählt Katrin Ilg, «Madame Blog» von Helvetia. Sie stellte sich unseren fünf Fragen.
Wieso bloggen Sie?
Mit dem Blog möchten wir einen emotionalen Zugang zur Marke schaffen. Versicherungen sind ja sonst eher eine trockene Angelegenheit. Wir wollen zeigen, was dahintersteckt: mit unterhaltsamen, überraschenden Storys. Eine spannende Geschichte über Menschen, mit denen man sich identifizieren kann, erklärt ein komplexes Thema wie das Versicherungswesen einfacher, attraktiver und nachhaltiger. Feste Bestandteile des Blogs sind Expertentipps, die eher produktbezogen sind, oder Kolumnen, die wiederum nur unterhalten wollen. Auch Wettbewerbe und Umfragen gehören zum Repertoire – schliesslich möchten wir den Dialog mit den Usern führen.
Wie kommen Sie zu Stoff?
Seit es den Blog gibt, denken wir crossmedial – das sichert schon mal einen Teil des Stoffs. Beispiel: Die Chefredaktorin des Personalmagazins plant ein Kundenportrait über Giuseppe Scaglione von Radio 105. Wir schicken gleich noch ein Kamerateam mit und bringen die Story als Videoportrait im Blog. Wir werden auch vom Aussendienst – unseren Generalagenten und Kundenberatern – auf Geschichten aufmerksam gemacht. Oder jemand aus der Redaktion möchte unbedingt ein Portrait über einen Bestatter machen, weil die Serie auf SRF läuft – dann suchen wir einen geeigneten Kunden. Auch aktuelle Themen werden im Blog aufgegriffen, zum Beispiel die Sexismus-Debatte um Obama. Und wer auch Stoff liefert, sind die eigenen Mitarbeiter. Deshalb ist unter dem Tag work@helvetia auch das HR am Bloggen.
Wie gross ist der Aufwand pro Woche?
Da wäre einmal meine Hundertprozentstelle für die ganze Redaktionsplanung und Content-Erfassung. Bei den Inhalten hilft das ganze Team Corporate Media mit. Dazu kommt die erweiterte Redaktion mit Leuten aus dem HR, Marketing, Onlinebusiness und einer externen Kommunikationsagentur. Wir publizieren alle Inhalte konsequent in Deutsch, Französisch und Italienisch. Alles in allem ein ziemlicher Aufwand! Im Prinzip könnten wir noch ein Dutzend weitere Personen beschäftigen.
Lohnt es sich?
Es muss sich lohnen, sonst wird der Blog wieder abgeschaltet… Wir haben klare Social-Media-Ziele definiert und davon Kennzahlen abgeleitet. Unser Fazit nach knapp fünf Monaten: Die Besucherzahlen entwickeln sich erfreulich (ca. 3’000 pro Monat), die Interaktion der User (Kommentare, Likes) ist okay. Am Thema «Leads&Sales generieren» können wir noch arbeiten. Der Blog muss sich intern wie extern noch mehr etablieren, deshalb optimieren wir ständig – pushen den Newsletter und haben seit kurzem auch ein eigenes Facebook-Profil. Ich bin überzeugt: Der Blog lohnt sich umso mehr, je besser wir intern zusammenarbeiten. Zum Beispiel: Das Videoportrait mit Radio 105 kann zugleich auch das Marketing für seine Aktivitäten nutzen und das Onlinebusiness nutzt es für Facebook-Werbung. So können wir mit Blog-Geschichten gezielt Kampagnen unterstützen.
Was ist Ihre wichtigste Blogerfahrung?
Nicht die teuersten Videoproduktionen werden am meisten kommentiert und geteilt, sondern kontroverse oder «trashige» Themen. Und es hängt viel davon ab, wie sehr sich die im Thema involvierten Personen begeistern lassen und an der Verbreitung der Inhalte beteiligen: Wenn unsere Praktikantin in Basel einen Fasnachts-Blog führt, teilt sie ihn auch auf Facebook. Die portraitierte Winzerin wird ihr Video an Messeständen zeigen. Und der Artikel zur Sexismus-Debatte hat innert kürzester Zeit eine Diskussion ausgelöst. Davon brauchen wir mehr!
Mein Fazit: Hinter dem Helvetia Blog stehen engagierte Menschen – habe ich den Eindruck. Und letztendlich entscheidet das oft über Erfolg oder Misserfolg. Wichtig ist, wie ein Blog im Unternehmen positioniert ist und ob die verschiedenen Inhaltslieferanten über ihr eigenes «Gärtchen» hinaus denken können. Das hängt stark von der Kultur ab. Die verschiedenen Themen im Helvetia Blog ermöglichen einen emotionalen Zugang zur Marke Helvetia und sind breit gewählt. Das Layout gefällt mir, die Video-Kurzportraits dürften kürzer sein und die Kolumnen sprechen mich an. Ein guter Corporate Blog braucht viel Ausdauer; er muss authentisch sein und man muss dran bleiben und neue Ideen entwickeln. Ich bin gespannt, wie das Fazit nach einem Jahr ausfallen wird – denn so lang muss man sich mindestens gedulden, bis man den Nutzen beurteilen kann.
Weiterführende Informationen:
Helvetia-Blog
bernetblog-Serie «Blogger im Profil»
bernetblog-Serie «Twitter im Profil»
bernetblog-Serie «Facebook im Profil»
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