Wikipedia: Präsenz von Unternehmen und die Rolle der PR

/

Aktuell wird wieder über die Einflussnahme von PR-Leuten auf Wikipedia-Inhalte diskutiert. Die Präsenz auf Wikipedia ist relevant. Suchresultate sind auf Google top gelistet und bringen User auf die eigene Website. Warum die Wissensplattform kein PR-Instrument ist und wie Unternehmen vorgehen sollen, wenn sie Inhalte publizieren oder ändern wollen.

Wer Infos sucht, landet schnell bei Wikipedia. Die Plattform gehört weltweit zu den zehn meist besuchten Sites, in der Schweiz liegt Wikipedia auf Platz 5 (Quelle: Alexa Internet Inc.). Im Google-Ranking sind Wikipedia-Resultate unter den ersten 3 bis 5 Resultaten aufgelistet. Als Informationsquelle ist Wikipedia relevant.

Manipulation durch Unternehmen
Eine im Januar 2014 veröffentlichte Studie der Otto Brenner Stiftung untersuchte den Einfluss von PR-Leuten auf Wikipedia. Sie besagt, dass PR und Manipulation in Wikipedia allgegenwärtig sei. Am 24. Februar 2014 nahm Radio SRF 1 in der Sendung «Echo der Zeit» das Thema auf und berichtete unter dem fragenden Titel «Machen PR-Agenten Wikipedia kaputt?». Ich nahm Stellung. (Audio-Beitrag).

Wikipedia als Wissensquelle
In den letzten 13 Jahren (seit der Gründung 2001) wurden die Inhalte von Wikipedia immer wieder kritisiert. Das Konzept von Wikipedia: Jede und jeder kann Inhalte erfassen (User Generated Content), Wissen wird geteilt und die kollektive Intelligenz genutzt. Als Enzyklopädie will Wikipedia eine möglichst ausführliche und breite Themenpalette darstellen. Die Wissensvermittlung steht im Vordergrund. So auch die Transparenz, wer Inhalte erfasst oder ändert.

Kein PR-Instrument
Wikipedia ist kein PR-Instrument. Auf der Plattform gelten die Regeln von Wikipedia (Richtlinien und Grundprinzipien) und nicht die von Unternehmen festgelegten Kommunikationsgrundsätze wie Botschaften und Wordings (Wikipedia und Interessenkonflikt). Als Unternehmen möchte man sich selbstverständlich positiv darstellen. Versucht man aber durch Schönreden, Manipulieren oder Löschen von negativen Inhalten Einfluss zu nehmen, leidet die Glaubwürdigkeit. Dieser Schaden ist kaum wieder gut zu machen. So würde ich keinem Unternehmen ein solches Agieren raten. Einflussnahme ist dann gefordert, wenn Fakten falsch dargestellt werden.

Wikipedia besitzt eine starke Community. Sie hat es geschafft, dass Wikipedia noch heute relevant ist und die Inhalte glaubwürdig sind. Nehmen Unternehmen zu viel Einfluss, besteht die Gefahr, dass Wikipedia kaputt gemacht wird (Diskussion in der Community über Bezahltes Schreiben).

Bedürfnisse von Unternehmen
Für viele Unternehmen steht die Präsenz auf Wikipedia nicht im Fokus. Doch das Bewusstsein für ihre Wichtigkeit steigt. Unternehmen holen bei uns Beratung, wenn sie ihre Geschichte vervollständigen oder aktualisieren möchten und sie fragen nach Tipps, wie sie beim Ändern von Inhalten taktisch am besten vorgehen sollen.

Inhalte erfassen oder ändern: Worauf man achten sollte – 5 Tipps:

  1. Sich vertraut machen: welche Regeln gelten bei Wikipedia, allenfalls Unterstützung holen. Beispielseiten anschauen.
  2. Transparent sein: ein Wikipedia-Benutzerprofil anlegen, die Unternehmenszugehörigkeit offenlegen.
  3. Neutral schreiben: Artikel müssen neutral verfasst werden. Superlative sind unerwünscht. (Inhalte, die auf eine Aussenwirkung bedachte Selbstdarstellung zielen, werden oft innert Kürze von der Community gelöscht.)
  4. Quellen angeben: Inhalte mit Fakten belegen – mit möglichst unabhängigen Quellen wie Sachbücher, Medienartikel oder Studien (Sekundärliteratur) belegen. Sind Fakten über das Unternehmen falsch, dies in der Diskussionsseite des Artikels eingeben, begründen und mit Quellen belegen.
  5. Relevanz prüfen: Wünsche aus dem eigenen Unternehmen mit den Relevanzkriterien von Wikipedia vergleichen. Versuchen, die eigenen Inhalte aus einer Aussenperspektive zu beurteilen: Interessiert das die Öffentlichkeit?

Mein Fazit: Jedes Agieren von Unternehmen bedeutet Einfluss nehmen. Man kann es mit der Medienarbeit vergleichen: Zu viel Einfluss von Unternehmen macht die Information unglaubwürdig. Ab und an braucht es eine kritische Meinungsäusserung. Wikipedia braucht eine starke Community für ein gesundes Verhältnis zur Einflussnahme von Unternehmen.

Es gibt wohl kein Unternehmen, dass perfekt ist und fehlerfrei agiert. Ausschlaggebend ist, wie man sich verhält, wenn man Kritik ausgesetzt ist. Nehmen Unternehmen und PR-Leute zu viel Einfluss auf Wikipedia, verliert die Plattform an Glaubwürdigkeit und in der Folge an Relevanz. PR ist nicht böse, wie man so mancher Diskussion und Berichterstattung entnimmt. Ein guter PR-Berater ist auch ein guter Vermittler: Er kennt die Regeln und Bedeutung von Wikipedia und die Bedürfnisse der Unternehmen. Er ist sich des Interessenkonflikts bewusst, erklärt worum es geht und berät den Kunden langfristig.

Weiterführende Informationen
Anstoss-Newsletter Bernet_PR zu Wikipedia: Mitmachen, Mitschreiben, Mitverfolgen
Studie der Otto Brenner Stiftung
Radio SRF1, Beitrag «Echo der Zeit» zu Wikipedia

  • Kategorien
  • Tags

Kommentieren

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

* Pflichtfelder